Andalusien Rundreise Teil 4 – Sevilla
Sevilla die Schöne ist die Stadt der Flaneure, quicklebendig und entspannt zugleich. Die Lebensfreude ist ansteckend, die Tapabars sind zu jeder Tageszeit belebt, die Gärten und Plazas sind prächtig und umwerfend ist die Kathedrale mit dem Grab von Christop Kolumbus.
Andalusien ist die Heimat der Tapas. Man genießt sie ganz unkompliziert kalt oder warm, im Stehen oder im Sitzen. In Sevilla findet das soziale Leben abends in den Straßen statt. Zeit für einen Bummel von Tapa zu Tapa im ehemaligen Judenviertel Barrio de Santa Cruz. In der urigen Eck-Bodega 'Santa Cruz' herrscht reges Treiben. Ein paar Caballeros kommen von der Feria durch die Gassen geritten und wie in alten Zeiten machen sie für eine 'copa' vor der Bodega Halt.
Steht man in der größten, gotischen Kathedrale der Welt, möchte man engelsgleich durch sie hindurch schweben. 69 Pfeiler tragen ihre gewaltige 56m hohe Kuppel unter der das Kirchenschiff der Notre-Dame locker Platz findet. Jeder möchte Kolumbus Grabstätte sehen, die lange Zeit umstritten war. Erst eine DNA-Analysen belegte: Amerikas Entdecker liegt in der Kathedrale von Sevilla.
Nach der Reconquista hatte man Sevillas Hauptmoschee niedergerissen, um ein gigantisches Gotteshaus zu errichtet – „so groß, dass jeder der es sieht, uns für verrückt hält“. Nach einer Hundertjährigen Bauzeit (1402-1506) blieben von der Moschee nur der Orangenhof und das Minarett stehen, das zum 'Giralda' Glockenturm der Kathedrale umgebaut wurde. Von der Giralda liegt einem Sevilla zu Füßen. Auf den stufenlosen Rampen, die uns Besucher den Turm hinaufführen, konnten zwei Mauren zu Pferd bequem nebeneinander bis nach oben reiten.
TIPP. Wer online bucht, kann die Warteschlangen umgehen, und wer den letzten Einlass wählt, wird sich die Kathedrale vor der Schließung mit nur noch wenigen teilen. Unterschiedliche Öffnungszeiten während der Woche. Offizielle Webseite Catedraldesevilla.
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La Macarena ist ein volkstümliches Viertel mit starkem Glauben und vielen schönen Kirchen. Was uns außerdem hierherbringt, sind die besten Churros und Tapas der Stadt.
Einmal den Tag mit 'Churros con Chocolate' beginnen. Heiß und fettig werden die Churros in eine Tasse dickflüssige Schokolade getaucht. Das Zeug hat Suchtpotential, aber eine 'Racion' reicht für Zwei.Spaniens Nachtschwärmer lieben nach durchgemachten Nächten nichts mehr, als ihre 'Churros con Chocolate' zu verspeisen. Richtig gut und frisch zubereitet wird das frittierte Spritzgebäck seit 1904 in der bodenständigen Bar El Comercial. Schon morgens ist hier viel los, wenn die Sevillaner ihr Frühstück einnehmen. Die Klassiker: eine 'Tostada', geröstetes Brot mit pürierter Tomate, Serrano Schinken oder Marmelada, dazu ein Café con Leche oder der kleinere Cortado mit wenig Milch und frischgepresst, ein Zumo de Naranja. (Map)
Weiter geht es zur Plaza de la Encarnación, über der seit 2011 Sevillas moderne Architekturikone, der Metropol Parasol schwebt. Die extravagante Holzkonstruktion vom Berliner Architekt Jürgen Mayer lässt mich an gigantische Waffelchips denken. Die 30m hohen Sonnenschirme füllen die Plaza mit Schatten. Das Dach ist sogar begehbar (Eintritt) und bietet einen schönen Blick über Sevilla. Unten im Parasol befindet sich ein großer Markt. (Map)
Das El Rinconcillo ist die älteste Tapasbar Sevillas mit herrlichen Azulejo-Kacheln und alten Weinregalen. Hier treffen sich die Sevillanos gerne zum Plaudern auf eine 'copa'. Das wundervolle, nostalgische Ambiente ist ein 'must-see' für jeden Sevilla Besucher. Ein Gläschen genehmigen wir uns, bevor das beste Tapas-Lokal zum Mittag aufschließt. Öffnungszeiten & Lage.
Kreativer Tapas-Meister 'Eslava'. Unvergessliche Tapas, flinker Service und richtig gute Preise machen das familiengeführte Eslava seit seiner Eröffnung 1985 zu einem Lieblingslokal der Einheimischen. Jeden Mittag, wenn das Eslava um 12:30 Uhr aufmacht, warten schon die ersten Gäste auf die begehrten Plätze in der kleinen stimmungsvollen Tapas-Bar.
Von der originellen Tapas-Karte sind wir sofort begeistert, genießen das erste Glas Cava und verfolgen das Treiben hinter der Bar. Anregende Teller werden ständig aus der Küche balanciert – Tapas mit Fisch und Meerestieren, Fleisch oder Gemüse mit originellen Wendungen, für die das Espacio Eslava so sehr geschätzt wird. Unbedingt probieren sollte man die prämierten Kreationen (Wettbewerb der kreativsten Tapas von Sevilla). Etwa das langsam gegarte Ei auf Steinpilzkuchen mit karamellisierter Weinreduktion (1. Preis) und die 'Zigarre' mit Tintenfisch und Algen im Brickteigblatt (3. Platz) – auch köstlich, die Schweinerippchen mit Rosmarin und Honig. Dazu serviert man im Eslava sehr gute, spanische Weine und Cavas zu erfreulichen Preisen.
Klick Bildergalerie Tapas Bar Eslava
Die Feria de Abril ist so etwas wie 'Spaniens Oktoberfest' – eine Woche lang wird gefeiert. Eine fröhliche Atmosphäre durchströmt die ganze Stadt in der freudigen Erwartung, auf die Feria zu gehen.
Aus dem ehemaligen Viehjahrmarkt entwickelte sich eine berauschende, einwöchige Fiesta. Festlich gewandete Reiter auf rassigen Pferden und prächtige Familienkutschen ziehen täglich vom Festplatz zur La Maestranza Arena, wo zur Feria die Stierkämpfe stattfinden. Die Senoritas haben sich herausgeputzt und tragen das traditionelle Flamenco-Kleid, wie unsereins das Dirndl auf der Wiesn. In den über Eintausend geschmückten Casetas (private, kleine Festzelte, einst traditionelle Ställe) von wohlhabenden Familien, Firmen oder Vereinen wird Sevillana getanzt und der 'Manzanilla' Sherry fließt bis in die Morgenstunden – meist in Form von 'Rebujitos' mit Lemon-Soda und viel Eis. Alle die keine Zelt-Einladung haben, bringen in Tüten ausreichend Sherry und Sprite mit.
Abends verwandeln abertausende Glühbirnen die Fiesta in ein riesiges Lichtermeer. Mit einem Rebujito in der Hand lassen wird uns fröhlich treiben. Wenn die Nacht am frühen Morgen endet, suchen die Sevillanos die 'Churros con Chocolate' Stände auf, bevor sie sich für ein paar Stunden ausruhen.
Das Hotel Puerto de Sevilla im Altstadt-Viertel Santa Cruz haben wir kurzfristig über Booking.com gebucht (Google Map). Unser hübsches, helles Zimmer hatte sogar ein Balkon, das Hotel auch eine Dachterrasse. Ein großes Plus ist auch die Lage: ein einfach erreichbares größeres Parkhaus liegt um die Ecke (evtl. muss man warten, bis einer rausfährt).
Das Haus aus dem 18. Jahrhundert beherbergt kein verstaubtes Museum, sondern ein von Flamenco-Legende Cristina Hoyos gegründetes hochmodernes, interaktives Museum des Flamenco-Tanzes. An jedem Abend wird hier der Flamenco in hoher Qualität auch live zelebriert – im Patio oder als 'Flamenco Intimo' in einem Kellergewölbe. Museum 10 bis 19 Uhr, Abendshow auch als Kombi-Ticket.
Das Barrio de Triana, wo einst Zigeuner, Seefahrer und Keramikarbeiter wohnten, gilt als der Geburtsort des Flamencos und liegt auf der anderen Seite von Sevillas Stadtfluss Guadalquivir. Gleich an der Bogenbrücke Puente de Isabel II. kommt der beliebte Mercado de Triana. In der geschäftigen Markthalle treffen sich Marktleute und die Nachbarschaft in der Cafeteria-Bar (Lage Map). Vom romantischen Flussufer an der Calle Betis (mit etlichen Bars) blickt man auf die Stadttürme Sevillas.
von Edel Seebauer / Fotos Jürgen Mahler
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