Nach Tokio fährt man zum Staunen
Tokio ist ein gebändigter, aufgeräumter Kollos, der gleichzeitig bizarr auf jeden Reisenden wirkt. Es ist unmöglich ganz Tokio zu erfassen und zu verstehen. Es reicht zu Staunen über eine Stadt, die so anders ist alle anderen, die Weltmetropole der Reizüberflutung in der man auf große Rücksichtnahme stößt.
Unser Tokio Erlebnis beginnt in Shinjuku
Viertel wie Roppongi, Harajuku, Shibuya oder Ginza sind touristisch allseits bekannt und viel besprochen. Wir wandeln auch abseits Tokioter Routinemeilen. Mit dem Fahrrad erkunden wir das alte Tokio von Ueno & Yanaka und ziehen abends durch das Amüsierviertel von Shinjuku. Während eines Taifuns tauchen wir ab in Tokios Labyrinth unterirdischer Einkaufspassagen und wandeln durch einen nebelverhangenen japanischen Garten. Bei einer Erdbebensimulation bekommen wir eine Ahnung, wie sich die Stärke des großen Kantō-Erdbebens anfühlt. Für die besten Sushis unseres Lebens stehen wir uns die Beine in den Bauch und frönen der Feierabend Trink- und Esskultur der japanischen Salarymen in den Izakayas.
Tokio – Wohin in einer Megacity ohne Zentrum?
In Tokio gibt es keinen Stadtkern, keine Altstadt und keinen Zentralbahnhof. Die Metropolregion mit ihren 38 Millionen Einwohnern besteht aus zig Zentren mit eigenem Mikrokosmos, Shopping- und Ausgehvierteln, Parks und Bahnhöfen. Jedes für sich eine eigene Großstadt, aber unmerklich verschmolzen zu einem Wildwuchs einer endlosen Stadt. Man staunt über den ruhigen Straßenverkehr und die relativ hohe Luftqualität. Tokio liegt im Index der Luftverschmutzung unter dem Richtwert! Die meisten Autos, vor allem die Taxis fahren mit Flüssiggas und die Stadt liegt am Meer. Wie mit der Muttermilch aufgesogen, bewegen sich die Abermillionen Pendler und Bewohner in homogenen Strömen auf dem engmaschigen Schienennetz des Tokioter Großraums.
Die Salarymen, 'uniformierte Gehaltsempfänger', auf dem Weg zur Arbeit und kein Ende in Sicht. Am Bahnhof Shinagawa, wichtiger Umsteigebahnhof für die Shinkansen Hochgeschwindigkeitszügen.
Die Sorge, schon bei der Ankunft am Haneda-Flughafen in dieser absurd großen Stadt verloren zu sein, kann man getrost ablegen. Von Japans mustergültiger Ordnung in Empfang genommen, sind wir völlig entspannt. Auf kürzesten Wegen haben wir eine japanische SIM Karte in unserem Handy, die Shinkansen Bahntickets nach Kyoto gekauft, diverse Stadtpläne eingesteckt, Geld gewechselt, und den SUICA Nahverkehrs-Pass für alle Städte Japans in der Tasche. Das alles erledigt man in der übersichtlichen Ankunftshalle, von der wir direkt in die U-Bahnlinie nach Shinjuku einsteigen.
Shinjuku – Unsere Home Base zum Ausgehviertel der Superlative
Wir haben Shinjuku als Standort für unsere Tage in Tokio gewählt. Das Viertel vereint alles, was Tokio ausmacht. In seinem Zentrum liegt der weit verzweigte Bahnhof mit besten Anbindungen in alle Stadtviertel. Und nach einem langen Tag, brauchen wir uns hier nur noch ins Geschehen fallen zu lassen – in eine hemdsärmelige Izakaya Kneipe, zum entspannten Abendshopping oder ins grelle Vergnügen der japanischen Unterhaltungskultur. Westlich vom Bahnhof dominieren die modernen Wolkenkratzer, von den Zwillingstürmen der Stadtverwaltung Tokios reicht der Blick bis zum Fuji-san.
In Tokio ist es nachts ruhiger als man denkt. Abends um Acht haben die meisten Geschäfte die Rollläden unten und um zehn Uhr gehen nach einem langen Arbeitstag in den Wohnblocks die Lichter aus. Mit den letzten Zügen nach Mitternacht wird es sogar sonderbar still. Keine nächtlichen Großstadtgeräusche wie in New York, die Straßen sind leer und in unserem Hotelzimmer in Shinjuku herrscht Stille.
Empfehlenswert ist die 'Shinjuku Night Walking Tour', die am frühen Abend beginnt und alle Gesichter dieses faszinierenden Bezirks zeigt. Mehr dazu in unserem untenstehenden Bericht.
Auf die Frage, „wo am besten in Tokio wohnen?“, gibt es von Tokio-Kennern den guten Tipp: Am besten in der Nähe einer Station auf der Yamanote Circle Line, die sich mit vielen Linien kreuzt. Auf der Tokyo Transport Karte gut als gestrichelte Linie erkennbar.
Tokio Top 4 Reiseführer Empfehlung
★ Auch mit Reiseführer braucht man in Tokio Google Maps und eine japanische SIM Karte, um sich zurechtzufinden.
- Wer den Anspruch auf mehr Hintergrund-Infos oder Vollständigkeit hat, wird im englischen Tokyo Lonely Planet (*Amazon) lange stöbern können. Er ist sehr übersichtlich, toll fand ich die farbigen Tokyo Maps zu jedem Stadtviertel hinten im Buch, wo man wirklich alle beschrieben Empfehlungen schnell und einfach findet!
-
Der handliche Tokyo Dumont Direkt (*Amazon)
mit 120 Seiten ist locker und informativ von einem Tokio-Kenner geschrieben, perfekt für interessante Tokio-Tipps in allen Bereichen. Die Megacity wird in ihren Stadtteilen gut
charakterisiert, so dass man nach seinen Vorlieben entscheiden kann.
- Der Vis-à-Vis Tokyo Reiseführer fängt das Wesen Tokios mit lebendigen Fotos und beeindruckenden 3D-Zeichnungen ein. Er zeigt die Kultur und die Highlights der Stadt, unterstützt durch eine übersichtliche Gliederung und informative Karten, die das Entdecken der verschiedenen Stadtviertel leicht machen.
- Mit Labyrinth Tokio*, dem persönlichen Reiseführer von Axel Schwab, (*Amazon, Format DIN A5) kann man sich auf insgesamt 42 Erkundungstouren per Online-Karte durch die Megacity führen lassen. Im Buch 48 Umgebungskarten und empfohlene Restaurants und Cafés zu jedem Stadtrundgang. Ein Scan-Code führt zur Online-Karte (gomap.de).
Als Ausgangsbasis ein Hotel in Shinjuku Tokyo
Unser Hotel Citadines Shinjuku Tokyo liegt ideal in ruhigem Abstand und fußläufig zu den schicken Kaufhäusern und dem Ausgehviertel der Superlative. Das Hotel im modernen, freundlichen Design hat ein gutes Preis-Leistungsverhältnis. Unser 25 m² Studio-Zimmer inklusive Kitchenette mit Mikrowelle bietet viel Platz für japanische Verhältnisse. Gefrühstückt haben wir daher gerne im Zimmer. Versorgen kann man sich in unmittelbarer Nachbarschaft in mehreren kleinen 24-Stunden Läden oder in der exquisiten Food-Abteilung im Kaufhaus Isetan (10min). Das restliche Tokio erreicht man leicht per Metro mit gleich zwei Stationen in der Nähe, die selbst während der Rushhour nicht überlaufen sind (in 5 & 7min. zu Fuß). Ins lebhafte Shinjuku (und zum Bahnhof) geht man 15min., ebenso lange zum neuen Hotspot Arakicho (s. unten). Das Personal ist hilfreich und spricht gut Englisch, WiFi ist kostenlos, Waschmaschinen und Trockner sind ebenfalls vorhanden. Nicht alle Zimmer haben den schönen Stadtblick.
- Gebucht haben wir das Citadines Shinjuku Tokyo über Booking.com.
- Wer lieber mittendrin ist – gleich um die Ecke vom berühmten Barviertel Golden Gai gibt es ein zweites Citadines Central Shinjuku. Beide Citadines Hotels auf Google Maps.
Shinjuku by Night
Die ruhigen Bewohner einer lauten Stadt. In Tokios rastlosem Amüsierviertel poppen von sämtlichen Hochhausfassaden von monstergroßen Bildschirmen Video- und Neonreklamen auf. Hippe Bands und quietschbunte Teenies schicken den ganzen Tag Werbebotschaften aus Hochleistungslautsprechern herab und lassen dagegen New Yorks Times Square müde aussehen. Andere rücken mit Flyern und Megaphonen an, sogar die Transporter sind fahrende Leuchtreklamen und ständig öffnet sich eine automatische Schiebetür. Um dies auf Dauer zu ertragen, müssen die Einheimischen eine Zen-Gelassenheit in sich haben oder sie sind einfach schon abgestumpft.
TIPP. Eine Shinjuku Night Walking Tour.
In der Gruppe folgen wir unserem Guide Dai. Von den exklusiven Kaufhäusern führt er uns direkt ins Rotlichtviertel Kabukicho mit Animierbars, Love Hotels und Pachinko-Salons. Während der 2-stündigen Tour erklärt uns Dai das Nachtleben der Japaner, das natürlich auch Ordnung und Regeln hat. Offiziell ist Prostitution in Japan verboten, man akzeptiert jedoch vielfältige, fest etablierte Umgehungstatbestände. Wo Dinge verboten sind, blüht die organisierte Kriminalität. Die japanische Mafia Yakusa kann hier relativ ungestört ihren Geschäften wie Prostitution und Glücksspiel nachgehen, denn im Gegenzug halten sie die Straßenkriminalität klein.
Wir erfahren über die mühselige Partnersuche in der Megacity mit Speed Dating nach Gehaltsstufen, ja sogar nach Blutgruppen oder über firmeninterne Events zur Partnervermittlung. Dai erzählt über die Praktiken im Rotlichtviertel. Zum Beispiel die süßen Animierjungs in den 'Host Bars' wo viele junge Frauen ihr Geld lassen oder sich gar verschulden, um den Angehimmelten regelmäßig zu sehen. Den hoffnungslos verliebten Mädchen erzählen sie, was diese hören wollen und sie kommen immer wieder. Aber auch ältere Damen schätzen diese Unterhaltung. Der momentane Trend des männlichen Schönheitsideals ist eine feingliedrige Statur mit sanften, fast schon femininen Gesichtszügen. Muskulöse und markante Männer assoziiert man mit der Landbevölkerung und Grobheit.
Dann um Punkt 20 Uhr taucht über dem Toho Building mit einem feuerspeienden Auftritt Gozilla auf, das archetypische japanische Monster. Beim Gang durch die sogenannte 'Piss Alley' bekommt man, ja, Appetit und Lust sich in einer der verrauchten Yakitori-Grillbuden an die Theke zu setzen. Weiter geht es in das enggassige Golden Gai (nicht zu verwechseln mit Gay wie schwul), ein verschachtelter Häuserblock aus Bars, Trinklöchern und Karaoke und letzter Überrest eines Vergangenheit gewordenen Tokios. Beim Streifzug durch die schummerigen, heruntergekommenen Gassen steht man öfters vor Türen mit "japanese speaking people only". Die Tour endet im Hanazono Shinto-Schrein, einer kleinen Oase in der Häuserschlucht Shinjukus. Ein Geschäftsmann mit junger Dame am Arm kommt gerade aus dem Itoku Inari Unterschrein, wo ein großer hölzerner Phallus angebetet wird für eine glückliche Ehe und Kinder. Zu dieser Nachtstunde kommen eher die Kunden des benachbarten Kabukicho-Viertels, die um die Vermeidung von Geschlechtskrankheiten bzw. um zusätzliche Manneskraft bitten.
TIPP. Im Hanazono Shinto-Schrein gibt es jeden Sonntag einen interessanten Flohmarkt mit Antiquitäten (Map).
- Shinjuku Night Free Walking Tour ist ohne Einkehr. Das Konzept von Tokyo Localized ist, u.a. 'kostenlose' Touren anzubieten, bei denen alle Teilnehmer am Ende alle einen Geldbetrag geben. Die Führung, in gutem Englisch, ist interessant und unterhaltsam (19-21 Uhr) und gab uns eine gute Orientierung für weitere Unternehmungen in Shinjuku. Die Gruppe war mit rund 20 Personen recht groß, sie beinhaltet keinen Barbesuch.
- Oder man entscheidet sich für das Erlebnis Shinjuku Drinks & Neon Night Nightlife Tour mit maximal 8 Personen. In 2,5 Stunden lernt man Faszinierendes und wird bestens unterhalten. Mit Einkehr in einem Izakaya Lokal (inklusive typischer Yakitori Spieße, Sake & Bier) und am Ende kommt man als Ausländer doch noch in eine der kleinen Golden Gai Bars. Storno bis 2 Tage vorher.
Im Golden Gai Bar Distrikt
Das Viertel, in dem früher der Schwarzmarkt und Edelprostitution florierte, wurde vom Bauboom bisher verschont. Beim Streifzug durch die schummerigen, heruntergekommenen Gassen steht man öfters vor Türschildern mit "no foreigners" "no tourists" oder "only japanese speaking people". Auch wenn in vielen Bars die wenigen Plätze den Stammgästen vorbehalten sind, sollte man sich nicht abschrecken lassen. Es gibt genügend Bars in denen Ausländer willkommen sind.
- Im Golden Gai Distrikt drängen sich über 200 oft winzige Bars. Wenn man am Eingang eine englische Karte entdeckt, reingehen. In manchen Bars ist eine Cover Charge von 500 Yen üblich.
- Willkommen sind Ausländer in der Bar Albatros mit vergoldeten Kristalllüstern, Geweihen und guten Cocktails.
- Coole japanische Schallplatten werden in der winzigen Bar Plastic Model aufgelegt (Google Map).
- In der Bar Champion, einer der wenigen öffentlichen Karaoke Bars, können Touristen gemeinsam mit Japanern singen. (ohne Cover Charge). Normal mietet man in Karaoke Einrichtungen eine private Box oder einen eigenen Raum.
- Die Bar Bitter Orange ist nicht auf Google Map, auf Bar Orange Schild achten.
- Death Match in Hell ist einer der besten Spots für lauten Metal oder man kommt auf einen Drink, um sich die skurrile Einrichtung anzuschauen (ohne Cover Charge).
➦ Alle Japan Reiseberichte auf einem Blick.
Omoide Yokocho. Yakitori Alley' oder auch 'Piss Alley' genannt, Erinnerungen an Tokios Schwarzmarkt-Zeiten
Die legendäre Omoide Yokocho Gasse, bekannt auch als 'Yakitori Alley' oder 'Piss Alley', ist eine besondere Ess- und Trinkerfahrung. Unzählige schrankgroße Yakitori und Izakaya Buden drängen sich in einer schmalen und schmierigen Gasse zwischen Bahngleisen und Hauptverkehrsstraße auf der Westseite des Bahnhofs Shinjuku. Hinter den Noren-Vorhängen brutzelt es und der Grillduft steigt in die Nase. Küchen- und Zigarettenschwaden kommen aus den Löchern, an deren Tresen nach getaner Arbeit die ausgezehrten Salarymen in ihren Anzügen sitzen. Hier und da sieht man auch mal einen Tourist, von denen die meisten nur neugierig durch die 100m lange Omoide Yokocho Memory Lane streifen. Mehrere Brände hat sie überlebt wie manche Wände noch bezeugen. Im Essenangebot überwiegen die leckeren Grillspieße Yakitori mit allem was das Huhn hergibt, einschließlich knuspriger Hühnerhaut, Herz, Leber, Mägen und Hälse. Es werden auch Ramen, Sushi und Yakiniku angeboten. Bei Echigoya gibt es ein englisches Menü und Kabuto ist auf 'Unagi', Aal-Spieße spezialisiert. Mutigere finden auch Abenteuerlicheres wie Schweinehoden, fermentierter Bonito-Magen, Frosch-Sashimi oder gegrillten Salamander. Und Asahi Bier, Sake und Shochu gibt es hier billiger im Ausschank als anderswo.
Ein Besuch fühlt sich an wie eine Zeitreise ins Japan der Nachkriegszeit. Geboren wurde die sogenannte 'Piss Alley' zu Zeiten des boomenden Schwarzmarktes Ende der 1940er Jahre, als in den Gassen illegale Schankbars aber nirgendwo ein Pissoir zu finden war. In der Dunkelheit stolperten die Betrunkenen aus der Bar, um sich direkt vor Ort zu erleichtern. Vom Namen sollte man sich aber nicht abschrecken lassen, inzwischen gibt es eine öffentliche Toilette (Lage Google Map).
Tokyo Food Tour mit einem 'Local'
Von einem engagierten Bewohner durch Tokyo geführt werden. Man wird viel Interessantes erfahren und erfragen können und verschafft sich gleichzeitig einen ersten Überblick:
- Zu empfehlen ist die Organisation Tokyo Free Guide. Die ehrenamtlichen Führer erhalten kein Geld, aber man lädt sie während der Tour zum Essen oder Eintritt ein.
- Best of Shibuya Food Tour* ist eine der Touren auf Getyourguide (3 Stunden, und bis 24h vorher stornierbar). Zu Fuß geht es durch Tokio eine Menge Essen probieren und Spaß haben. 5 Food-Stopps: Sushi, Yakitori, japanischen Pfannkuchen, Wagyu-Rind und Nachspeise. Dabei lernt man vor allem lebensnah etwas über die japanische Esskultur.
- Dem alten und neuen Fischmarkt von Tokio haben wir einen eigenen Tokio Bericht gewidmet.
'Das Buch' für alle, die zu Izakaya Fans geworden sind.
Izakaya: The Japanese Pub Cookbook
von Marc Robinsons (auf Amazon* mit Blick ins Buch)
Marc Robinson ist Food Journalist in Tokio und dem Charme der Izakaya Esskultur verfallen. Sein Buch ist eine Liebeserklärung an die lebendige Izakaya-Kultur, die japanische Pub-Küche mit preiswerten kleinen Speisen, nach denen man sich die Finger leckt. Dazu fliesen reichlich Sake und Bier. Wir tauchen ein in acht authentische Izakaya Kneipen, einige haben eine lange Geschichte, andere sind jünger, aber alle dem Autor sehr vertraut, der sie wegen ihre Qualität, Vielfalt und Atmosphäre gewählt hat. Er erörtert Kochtechniken und Zutaten, hilft Neulingen mit Hinweisen zu den Izakaya-Sitten und der Bestellung. Es gibt Anekdoten und einen Leitfaden für die vielen Arten von Sake. Die über 60 essentiellen Izakaya-Gerichte reichen von köstlichen Standards bis zu Spezialitäten, deren Zutaten eine Herausforderung sind. Man kann Torpedofisch mit frittierten Schuppen essen oder nichts als eine geschnittene Hatsukoi-Tomate mit einer Prise Meersalz.
'Izakaya' ist das erste englischsprachige Buch, das sich dem einzigartigen und wichtigen Eckpfeiler der japanischen Esskultur widmet. Eine großartige Aufnahme der Izakaya Atmosphäre ganz ohne Inszenierung, auch dank des Fotografen Masashi Kuma.
Ein verführerischer Grillduft führt uns ins Yakiniku Lokal
Auf unserem Weg zum heißbegehrten Ramenladen Fu-unji kommen wir durch einen kleinen Straßenblock in dem es verlockend duftet. Die Restaurants ventilieren ihre Abluft auf die Trottoirs und der verführerische Grillduft aus dem Ecklokal lockt uns an. Der rustikale Yakiniku Grill 'Ryu no Su' ist gemütlich und rappelvoll. Draußen warten bereits einige Leute, schnell sind wir uns einig und setzen uns auf leeren Bierfässern dazu. Die Wartezeit wird mit einem Asahi Bier überbrückt während der nächste Taifun sich schon seit zwei Tagen mit Dauernieseln ankündigt. Yakiniku ist in Japan ein weit verbreitetes Grillvergnügen und nur hier kann man die Qualität des Wagyu Rindes zu erschwinglichen Preisen genießen. Großen Spaß macht es auf dem Tischgrill über Holzkohle selbst zu grillen. Wir bestellen die Variation aus 6 verschiedenen Fleischsorten, die in vorbereiteten kleineren Stücken kommen. Das Fleisch ist wunderbar aromatisch und saftig und wir fragen uns, wie erst die Premium Qualität schmecken muss (s. Bericht Osaka).
Yakiniku 'Ryu no Su' Lage Google Map (Fotos unten).
Restaurant Tipps Shinjuku
Nakajima. Günstigster 1-Michelin-Stern Lunch. Das Nakajima bietet zur Mittagszeit unschlagbar günstige Lunch-Sets für weniger als 1000 Yen. Und zwar aus Sardinen wie man sie in ihrer zarten Zubereitung noch nie gegessen hat. Es gibt drei Zubereitungsarten: Sashimi-Style, Tempura oder in Dashi gekocht mit einem Eiauflauf. Letzteres sollte man probieren! Hört sich banal an, schmeckt aber ausgezeichnet. Am besten schon gegen 11 Uhr kommen und sich anstellen. An den Thekenplätzen kann man den professionellen Köchen bei der Arbeit zusehen.
- Nakajima Restaurant: 11h30 bis 13h45. +81 3-3356-4534, So. geschlossen, mittags keine Reservierung möglich. Unweit der Shinjuku Station, über Treppen ins Untergeschoss eines unscheinbaren Gebäudes. Metro Station Shinjuku-sanchome. Lage Google Map.
Geheimtipp. Der neue Hotspot, die Hintergassen von Arakicho
Die engen Strassen von Arakicho erinnern noch an die Zeiten, als es noch eines der lebhaftesten kleinen Vergnügungs- und Geishaviertel war. Jetzt ist in den stimmungsvollen Gassen neues Leben eingekehrt und die Ecke entwickelt sich zum trendigen Gourmet-Hotspot. Neben dem nahen Shinjuku fühlt es sich tagsüber etwas verlassen an. Aber am Abend, wenn die Laternen und Lokale erleuchtet sind, hat das Viertel definitiv Atmosphäre. Die Noren-Vorhänge über den Türen der Izakaya Restaurants laden zum Eintreten ein, während sogenannte 'Snack Bars' sich eher versteckt halten. In den von Damen geführten billigen Unterhaltungsbars wird mit den Kunden geplaudert bei viel Alkohol, Zigaretten und Karaoke. Ein Tipp ist die C-Shell Bar für gute Cocktails und die besten japanischen Whiskys. Rund 300 Restaurants versammeln sich in der kleinen Arakicho Gegend, die mit Izakayas, trendigen Bars und Gourmet-Restaurants, langsam auch jüngere Leute und Touristen anzieht. Ein schönes Kontrastprogramm zum benachbarten Shinjuku und ein toller Ort um abends auszugehen.
Den Namen unserer Izakaya (unten) haben wir nach mehreren Sake vergessen aufzuschreiben. Auch das Essen war sehr gut. Aber es gibt so viele andere im Viertel. Am besten läßt man sich durchs Arakicho-Viertel treiben oder schaut auf Google Map nach den Bildern & Bewertungen Google Map Tokio Viertel Arakicho.
C-Shell Bar. Die Tür ist immer geschlossen, aber wer neugierig genug ist, wird eine stimmungsvolle kleine Bar betreten. Hier kann man bei sanften Jazzklängen an den besten japanischen Single Malt Whiskys oder hervorragenden Cocktails nippen – Zigarren gibt es ebenfalls. Besitzer Yu Makiura ist stets auf der Suche nach alten und seltenen Spirituosen und probiert gerne neue Dinge aus, wie etwa Gewürz-Eiswürfel oder Smoked Gin. Er hat ein ungemeines Fachwissen, über 500 Flaschen aus aller Welt im Ausschank, spricht perfekt Englisch und sammelt Fiction-Figuren – mit Vorliebe Godzillas. Mit eine der besten Whisky Bars in Tokio.
C-Shell Bar Facebook 18:00 bis 1:00 Uhr geöffnet +81 3-6380-6226 Lage auf Google Maps.
Laut wie die Hölle – im Pachinko Glücksspieltempel
Eine der ohrenbetäubenden Pachinko Spielhallen muss man einmal betreten haben. Dauerbeschallung und flackernde Lichter, die traumatisieren oder vielleicht doch den Stresspegel nach einem der seelenraubenden japanischen Bürotage abbauen?
Wir sind von dem Treiben fasziniert. Stoisch und rauchend sitzen uniforme Anzugträger vor ihren Slot-Maschinen, nach Feierabend füllen sie gleich mehreren Etagen (die beste Zeit für einen Besuch). Die körbeweise gewonnenen Silberkugeln werden in Sachpreise eingetauscht, daher fällt Pachinko unter Unterhaltung und ist kein verbotenes Glücksspiel. In der Regel aber werden die Sachgewinne gleich um die Ecke bei spezialisierten Händlern in bare Münze getauscht. Ein Drittel aller Japaner spielen regelmäßig. Für die Betreiber ist es eine Goldgrube, für das Land ein soziales Problem mit immer mehr Pachinko-Süchtigen, die ihr Einkommen verspielen. Der Jahresumsatz mit Pachinko macht immerhin 4 Prozent der japanischen Wirtschaftsleistung aus. Gegen den Rauch- und Kneipengeruch der Nacht kann man beim Verlassen der Spielhölle noch in die Refresh-Shower steigen, eine Art Luftdusche, um den Anzug für den nächsten Tag zu lüften.
MARUHAN ist ein moderner Pachinko-Salon mit endlosen Reihen glitzernder Pachinko- und Slot-Maschinen. Hier wird sogar Englisch gesprochen und interessierte Touristen werden zum Spiel ermuntert.
Ab 18 Jahre / 10h-23h / Google Map.
GAMING ARCADES für die Heranwachsenden. Für Kinder und Jugendliche gibt es die Gaming Arcades quasi als Vorbereitung auf das Pachinko. Nicht weit von MARUHAN liegt eines der vielen TAITO Gaming Centre. Die Kids dort wieder rauszukriegen dürfte schwierig werden angesichts der Vielzahl virtueller High-Tech-Spiele. Spaßig sind die Fotokabinen für animierte Fotosticker als Souvenir oder wer geschickt ist, holt sich noch ein sonderbares Plüschtier oder japanisches Maskottchen bei den Greifautomaten. TAITO Google Map
Tokio Erlebnis Bahnhof
Durch Tokios Bahnhöfe bewegen sich ununterbrochen Menschenmassen geordnet und ohne große Hektik. Am Ende eines Tages wurden alleine im Bahnhof Shinjuku, dem betriebsamsten der Welt, 3,5 Millionen Menschen durchgeschleust, so viele wie im ganzen Metronetz von Paris. Tokios Schienensystem ist vielleicht das effizienteste der Welt. Viele Angestellte sind auf das Bahnnetz angewiesen und pendeln bis zu drei Stunden zur Arbeit. Die Rush-Hour sollte man allerdings vermeiden, es sei denn, man möchte einmal miterleben, wie sogenannte 'Fahrgastverdichter' die überstehenden Fahrgäste mit aller Kraft in die Züge quetschen. Wenn man meint, nichts geht mehr, kommen immer noch neue Fahrgäste. Die wichtige Regel lautet dann "rückwärts einsteigen"! Wer das 'Train Stuffing' beobachten möchte, braucht sich zur Rush-Hour nur an eine der zentralen Stationen der Yamanote-Zuglinie stellen. Abends die letzte Bahn zu nehmen, ist keine gute Idee. Sie ist notorisch überfüllt und man dürfte viele angetrunkene Angestellte auf dem Heimweg vom geselligen Kollegenabend antreffen. Um den U-Bahn Grabschern, den Chikans zu entgehen, gibt es für Frauen spezielle Waggons während der Stoßzeiten.
Mundschutzmasken sind bei vielen Tokioter zur Gewohnheit geworden. Nicht nur weil man sich, so gut man kann, vor jeder Art Bazillen schützen möchte. Man trägt sie gegen kalte und trockene Luft oder will nicht angesprochen werden. Viele Frauen schonen nur das Make-up oder haben sich noch nicht geschminkt, was sie aus Zeitmangel gerne in den Nahzügen mit der Handy-Spiegel App nachholen.
Regentag? In Shinjukus Untergrund zum Shopping & Genießen
Underground-Shopping gehört zur japanischen Kultur und ein guter Ort dafür ist die Gegend um Shinjukus Bahnhof. Hier kann man sich weitgehend unterirdisch fortbewegen, was uns wegen Dauerregens gerade entgegenkommt. Trockenen Fußes kommen wir in die exklusiven Kaufhäuser Isetan oder Takashimaya, zu Tokyu Hands oder in den Takano Fruit Parlor und Kinokuniya English Bookstore. Einen ganzen Tag könnte man damit verbringen und mit der Zeit wird man sich daran gewöhnen, wenn das gesamte Personal reflexartig ein langgezogenes "Irasshaimaseeeee!" ruft, sobald ein Kunde das Geschäft betritt. Um den Bahnhof herum wimmelt es von guten Restaurants, Kneipen und Imbissen, wo die vielen Pendler zum Essen und Vergnügen einkehren, bevor sie sich auf den Heimweg in die Vorstädte machen. Wer es sich leisten kann, wohnt in Bahnhofsnähe.
Takashimaya Times Square (Google Map).
- Der riesige Einkaufs-Komplex beim Bahnhof Shinjuku beherbergt neben dem extravaganten Takashimaya Kaufhaus auch einen der größten Tokyu Hands Stores. Fundgrube für Souvenirs, japantypische Gebrauchs- und Einrichtungsgegenstände und Hobby-Handwerk.
- Oben befinden sich die Restaurant-Etagen, vom Stockwerk 13F mit schönem Blick über die Stadt.
- Bei Kinokuniya Books in der internationalen Buchhandlung im 6. Stock macht es Spaß zu stöbern.
Shinshuku Touren auf Getyourguide* stornierbar bis 24 Stunden vorher. WERBUNG
Abtauchen ins Food-Paradies im Kaufhaus Isetan
Japans exklusive Kaufhäuser sind berühmt für ihre riesigen Lebensmittel-Abteilungen, die sich immer im Kellergeschoss befinden. Wer in Shinjuku ins 'Basement' des Luxus-Kaufhaus Isetan abtaucht, wird ein kulinarisches Paradies betreten. In Japan ist der Kunde nicht König sondern Gott und dementsprechend wird er auch behandelt. Ein Heer von adretten, höflichen Angestellten umsorgt ihn mit großer Aufmerksamkeit und kleinen Kostproben. Was Augen und Gaumen geboten wird, ist erstaunlich und von umwerfender Qualität. Stundenlang kann man hier schwelgen. Das Beste vom Wagyu Rind und Fisch, die feinsten Tees des Landes, eine erlesene Wein & Sake Abteilung. Die französischen Backwaren und Patisserien sind in Paris nicht besser, die kunstreichen japanischen Süßwaren und Lunch-Boxen sehen wie Kunstwerke aus. Köstliche Fertiggerichte, Salate und frisches Sushi, das gegen Ladenschluss im Preis reduziert wird. Man halte Ausschau nach den erlesenen Früchten, die mit galerieartiger Verehrung präsentiert werden. Einzeln verpackte Erdbeeren zu 1.620 Yen das Stück, das sind umgerechnet 12 Euro, eine Mango für €90 oder die exquisite Crown Musk-Melon aus Shizuoka für rund €150.
- Das ISETAN ist täglich von 10:00 bis 20:00 geöffnet. Lage Skunjuku Google Map.
- Das Isetan Kaufhaus gehört zu den besten im Land. Es ist auch eine gute Adresse für hervorragende Souvenirs: Hauskimono, Küchen & Tee Zubehör. In der herrlichen Backabteilung kaufen wir gerne etwas zum Kaffee ein und für den Abend eine Flasche Sake, in der Japan ist der Premium-Sake erschwinglich.
- Picknick TIPP. Bei Schönwetter holt man sich eine Sushi- oder Bento-Box für den Rooftop-Dachgarten mit Free Wi-Fi. Oder für ein Picknick im ehemals kaiserlichen Erholungspark Shinjuku-gyoen (Homepage), 10min Fußweg, Montag geschlossen / Eintritt Google Map.
- Um sich einmal wie 'Gott Kunde' zu fühlen, kommt man kurz vor Öffnung vorbei für die morgendliche Begrüßungszeremonie, wenn sich die Angestellten am Eingang geschlossen vor den ersten Kunden verbeugen.
- Die besten Department Store Food-Abteilungen in Tokio sind: Isetan, Takashimaya sowie im Ginza Distrikt Mitsukoshi und Matsuya.
Klick Bildergalerie ISETAN zur Großansicht
Ästhetik und Perfektion auch beim Obst. Diese Luxus-Melone für 120 Euro wird in Japan zu besonderen Anlässen verschenkt. Heimisches Obst, wie Äpfel, Erdbeeren, Mango, Trauben oder Pfirsiche werden mit einem unglaublichen Aufwand herangezogen. Es ist wesentlich aromatischer als die billigere Importware. Jede einzelne Frucht wird in Netz verpackt, bekommt künstliches Licht und Wärme für die optimale Färbung und Reifung. Obst ist in Japan generell teuer und wird nur in kleineren Mengen verzehrt. Die besonders exquisiten Züchtungen sind in Japan beliebte Gastgeschenke. Wir fragen uns, wie diese Melone wohl schmecken muss, nachdem unsere Kostprobe einer normalen japanischen Musk-Melon (für ca. 20 Euro) schon himmlisch gut war.
Japans 'König der Früchte' ist die Crown Musk Melon, die 600 Bauern im Land zur Perfektion züchten. Jedes Jahr werden die Samen aus 20 Arten neu ausgewählt, um den Stamm zu verbessern. Die einjährige Rankenpflanze trägt nur drei Früchte. Im Babystadium werden zwei entfernt, damit die Vielversprechendste alle Nährstoffe bekommt und zur Premium Melone im Wert von bis zu €150 heranreift. Ein sehr gutes, nicht grade günstiges Musk-Melon Parfait mit Melonenstücken gibt es im Takano Fruit Parlor in Shinjuku.
Mal ein Erdbeben der Stärke 9,0 erlebt?
Es ist Ende Oktober und eigentlich sollte die herbstliche Sturmsaison vorüber sein. Doch ein Taifun plagt Tokio, der Regen kommt quer daher. Wir rüsten uns, wie die Einheimischen, mit einem der transparenten Plastikschirme aus dem 7-Eleven Shop zu €5 das Stück. Und wo das schon ein Tag der Naturgewalten ist, machen wir uns auf den Weg, ein Erdbeben der größtmöglichen Stärke zu erleben.
Die japanischen Inseln liegen auf dem Pazifischen Feuerring, einem Vulkangürtel, der den Pazifik hufeisenförmig umschließt. Nirgendwo sonst auf der Welt ist das Erdbebenrisiko größer und für die Tokioter ist es ebenso eine Gewissheit, wie für die Bürger von San Francisco, das 'Große' wird irgendwann wieder kommen. In Tokio wackelt häufiger die Erde, in der Regel mit geringen Schäden, da man erdbebensicher baut.
Wir sitzen zu viert um einen Tisch in der 5. Etage des Ikeburo Life Safety Learning Center und warten gebannt auf den Beginn des Bebens. In Tokio ist man, wie in keiner anderen Stadt der Welt, auf die Erdbebengefahr vorbereitet. Hochhäuser werden nach allem menschlichen Ermessen erdbebensicher gebaut, unter jedem Bürotisch in Tokio liegt ein Schutzhelm und man trainiert regelmäßig das Verhalten im Ernstfall. Das Übungszentrum der Tokioter Feuerwehr im Stadtviertel Ikeburo ist nicht nur Einheimischen vorbehalten, auch Touristen sind eingeladen, eine Erdbebensimulation zu erleben.
Als einzige Ausländer unter den heutigen Teilnehmern lassen uns die Japaner, höflich wie sie sind, den Vortritt auf der hydraulischen Plattform, die gleich ein Erdbeben der höchsten Stufe simulieren wird. Sie beginnt zu zittern, an der Wand wackelt das Videobild der Großstadt Kobe. Vom Übungsleiter werden wir aufgefordert unter den Tisch zu kriechen, auf dem Boden kniend, umklammern wir je ein Tischbein. Während das Beben stärker und stärker wird, fällt das Festhalten schwer, unsere Körper werden wild umher geschwenkt, die Kniescheiben reiben schmerzhaft am Boden, die Stadt auf der Videowand wankt. Die Hydraulik-Plattform hat auf der japanischen JMA-Skala mit Stärke 7,0 ihr höchstes 'Schüttelmaß' erreicht, das einer 9,0 auf der Richterskala entspricht. Eine gezielte Fortbewegung ist dann unmöglich, Fensterscheiben zerbersten, selbst erdbebengesicherte Gebäude tragen schwere Schäden davon.
Das japanische Publikum fiebert mit, kreischt und ist ebenso froh wie wir, als der Spuk nach knapp einer Minute vorbei ist. Für Menschen mit Kniebeschwerden ist diese Übung definitiv nichts! Es folgt ein Lehrfilm der zeigt, wie die Bewohner sich rüsten und im Notfall helfen können. Mit den Bildern vom großen Kanto-Erdbeben von 1923 kommen die abschließenden Worte: 'Eines ist sicher, das nächste Erbeben kommt bestimmt'. Der Film ist aus und was folgt ist betretenes Schweigen.
- Wir haben den 'Short Course Earthquake Simulation & Movie' mitgemacht von 11:10 bis 12:00 Uhr
- 12:00-12:30 Uhr nur Earthquake Simulation (ohne Anmeldung).
- Ikebukuro Life Safety Learning Center Besucher-Programm Details mit Terminen (Dienstag geschlossen sowie jeder 3. Mittwoch im Monat).
- Kontakt: Telefon +81 3-3590-6565 / 15 Minuten mit der Bahn von Shinjuku Station, Lage Google Maps.
Tokyo Metropolitan Tower – Kostenloser Blick über die Megacity
Science-Fiction Kenner werden vielleicht an den Stadtplaneten Coruscant aus 'Star Wars' erinnert, wenn sie die Dimensionen der gigantischen Stadt vom Tokyo Metropolitan Tower erblicken. In alle Himmelsrichtungen erstreckt sich ein Häusermeer bis zum dunstigen Horizont. In den zwei gewaltigen Türmen von Stararchitekt Kenzo Tange residiert Tokios Stadtverwaltung und kostenlos ist der Besuch der zwei Aussichtsplattformen im 45. Stock.
- Vom South Deck: Beste Sicht hat man bei gutem Wetter am Morgen bis zum Mount Fuji. 9h30-17h30
- Vom North Deck: Besser für Night Views mit Bar/Restaurant 9h30-23h00 / letzter Lift 22h
- An manchen Tagen im Monat ist einer der Tower geschlossen, siehe Homepage Tokyo Metropolitan Government Building Observation Deck ). Am ersten schönen Tag nach längerem Regenperioden ist die Warteschlange sehr lang. Im Stadtteil Shinjuku auf Google Map.
Für den Cocktail mit Skyline-Blick über die Wolkenkratzer Shinjukus fällt uns natürlich das Filmset aus 'Lost in Translation' ein, die exklusive New York Bar im Grand Hyatt in der Bill Murray sich allabendlich den Whisky runterkippte (exklusive Preise). Tipp. Den Film nochmal auf dem Flug nach Tokio anschauen!
TOKIO KULT FILM
"Lost In Translation" von Sofia Coppola
Dieser atmosphärische Film voll wunderbarer Melancholie und Witz erzählt von der Annäherung zweier einsamer Seelen in der Megacity Tokio. Eine beiläufige Hotelbekanntschaft. Zusammen tauchen sie in den schlaflosen Nächten ins neonglitzernde Vergnügungsviertel von Shinjuku ein, nehmen den Zuschauer mit auf einen Trip durch diese fesselnde Stadt. Stream z.B. bei Prime Video).
Auf der Plattform Getyourguide* können lokale Aktivitäten gesammelt gebucht und die meisten 24h vorher kostenlos storniert werden. Überblick Tokio alle Tickets und Erlebnisse.
WERBUNG
Über den Dächern Tokios ein wenig entschleunigen
Inmitten des lärmend flackernden Knotenpunkts der Metropole steht der Wolkenkratzer 'Shibuya Sky' mit Einkaufszentrum und Aussichtsplattform. 47 Stockwerke über dem Lärm liegt das 'Scramble Square Skydeck'. Von dort kann man auf das Gewusel der Mega-Kreuzung Shibuya blicken, hinweg zum Horizont auf den Mount Fuji an einem klaren Tag. Die 360° Aussicht vom großen Freiluftdeck ist fantastisch, auch nachts über die erleuchte Stadt. (Eintritt, Online-Reservierung günstiger und empfohlen).
- Homepage Shibuya Scramble Square. Lage, Infos Google Maps.
TOKYO SKYTREE – ganz weit oben.
Der silber-stählerne Tokyo Skytree ist der höchste freistehende Turm der Welt und 634 Meter hoch.
Spektakulär ist der Rundblick von beiden Aussichtsplattformen auf 350 m und 450 m Höhe. Schwindelfrei wagen sich auf den gläsernen Boden. Bei guter Sicht sieht man weit bis zum Mount Fuji! Und bei Nacht zeigt sich Tokio von seiner glamourösesten Seite. Mit dem Vorverkauf-Voucher über die Homepage oder Getyoutguide* (günstiger als Ticketkauf für den selben Tag) kann man direkt zum Ticketschalter und die Warteschlange überspringen. (die höhere Tembo Galerie kostet mehr).
Top. Mit dem Fahrrad durchs alte Tokyo – Yanaka & Ueno Park
In den Vierteln Yanaka und Ueno findet man noch das alte Tokio – es war die einstige Unterstadt Shitamachi.
Wer hätte gedacht, dass wir in Tokio aufs Rad steigen? Das gemütliche Yanaka lässt sich besonders gut mit dem Fahrrad erkunden und bei Tokyobike kann man die schicken Räder auch mieten. 2000 Yen pro Tag im Tokyobike-Laden in Yanaka, der auch Concept-Store ist und schöne Lifestyle-Artikel
und guten Kaffee verkauft. TokyoBike Yanaka Map.
Eine Teepause einlegen. Ruhig geht es zu in Tokios altem Yanaka Viertel. Schönes Kunsthandwerk und süßes Gebäck zum Matcha Tee bekommt man im Tourindou.
Die ruhige Gegend eignet sich bestens zum Streunen und Beobachten. Das alte Yanaka überlebte nicht nur das große Erbeben von 1923, sondern auch die Bomben des Zweiten Weltkrieges. Das Wohngebiet wirkt recht beschaulich mit engen Gassen, aneinander geschmiegten alten Häusern, Blumenrabatten und traditionellen Läden für Süßigkeiten oder hübsche Papierwaren. Viele kleine Tempelanlagen und Friedhöfe durchziehen das Viertel. Wir gehen zum traditionellen Tee, einer Sake Verkostung und Vogelfütterung und arbeiten uns durchs Marktgetümmel zu Sashimi und gegrilltem Aal auf Reis neben den Bahngleisen. Im heiligen Schrein erwirbt unsere Single-Freundin ein Glückslos aus dem Automaten, das ihr verheißt "He (or she) will come, but late!"
Der weitläufigen Ueno Park ist seit 1873 öffentlich und ein Erholungsort der Tokioter (an Wochenenden entsprechend voll). Der Ueno Park beherbergt: Museen, Tempel, Pagoden, Gräber, den Ueno Zoo und die Shinobazu-Teiche mit tausenden von Zugvögeln. Und das Tokyo National Museum mit der besten japanischen Kunstsammlung der Welt.
Tokyo National Museum im Ueno Park. Für das Hauptgebäude Honkan mindestens 1 ½-2 Stunden einplanen, 'Japanistas' können darin bestimmt einen Tag verweilen (auf Google Maps).
Alltagskultur der Edo-Zeit. Mein liebstes Museum wurde aber das kleine Shitamachi Museum, das sich liebevolle dem ehemaligen, lebhaften Shitamachi Viertel widmet, als Handel und Handwerk blühten. Es zeigt die Nachbildung einer Gasse aus der Edo-Zeit mit Wohnräumen und Handwerksgeschäften, ein Schulklasse fällt gleich über das traditionelle Spielzeug her, denn ausprobieren ist erlaubt. Unbedingt an der Kasse nach einer kostenlosen Führung fragen, es gibt viel Interessantes aus der Zeit zu hören! Google Map
Ameyoko Market nahe der Ueno Station. Hier machen wir Mittagspause. Beim ehemaligen Schwarzmarkt ducken sich unter der Hochbahn unzählige Geschäfte mit billigen Artikeln, parallel dazu verläuft die Fressgasse mit Fisch- und Lebensmittelständen, dazwischen jede Menge Straßenimbisse, die von Sashimi bis Ramen alles servieren. Google Map
In Tokio haben wir gelernt, dass der Sake in Japan mit dem bei uns gängigen Sake nicht zu vergleichen ist. Hier wird nur Qualität ausgeschenkt, fein und fruchtig mit richtigen Geschmacksnuancen. Premium-Sake ist Japan viel günstiger. Etwas suchen müssen wir den empfohlenen Sakeladen Isego, aber Google Maps bringt uns hin (mit japanischer Sim-Karte). Das kleine Geschäft überrascht mit einer riesigen Sake-Auswahl, darunter kleine Brauereien und Raritäten. Der junge Betreiber hat ein immenses Wissen und berät uns gerne. Er spricht perfektes Englisch, was man eher selten antrifft. Günstig kann man hier guten Sake verkosten oder man besucht seine Sake Bar. Es gibt Sake trocken 'Junmai-shu' oder blumiger 'Ginjo-shu' (unser Favorit), von dem wir uns gleich zwei verschiedene Flaschen einpacken. Tel +81 3-3821-4557 / Lage & Öffnungszeiten auf Google Maps.
- Isego Sake Bar. Ein zweiter Isego Laden bietet auch eine Sake Bar und kleine Gerichte (keine Englische Beratung). Mehr über Sake und die Brauereien in unserem Kyoto Reisebericht.
Wissenswertes für unterwegs: Regenschirm-Knigge & Automaten, Konbinis, WCs, Adressen-Chaos & viel Rücksichtnahme
Regenschirm-Knigge. Kein Laden oder Kaufhaus darf mit einem nass-tropfenden Schirm betreten werden. Spezielle Schirmhüllen-Spender am Eingang stülpen ihm einen 'Plastik-Kondom' über, indem man ihn schnell rein und rauszieht. Es gibt auch die Variante des Trockenschleuderns und es gibt abschließbare Schirmständer. Wohl nicht, weil der Schirm geklaut würde, eher, um eine Verwechslung zu vermeiden und ihn schnell wieder zu finden.
Nichts geht verloren. Es heißt, dass man in Tokio alles Verlorene wiederbekommt. Von 100.000 verloren gegangen Handys im Jahr werden 95% bei der Polizei abgegeben. Und selbst liegen gelassenes Bargeld findet zu seinem Eigentümer zurück. Wie in wohl keinem anderen Land der Welt sind den Bürgern Ordnung, Harmonie und Gehorsam so sehr in Fleisch und Blut übergegangen.
Erst mal in den 'Konbini'. Den transparenten Regenschirm besorgt man sich schnell und günstig in einem der unzähligen Convenience Stores, die mit der japanischen Aussprache zu „Konbini“ wurden. Kein Tokioter möchte heute sein Konbini mehr missen. 7 Tage, 24 Stunden geöffnet, sind sie eine allseits beliebte 'Tankstelle' für alle möglichen Bedürfnisse, einen Kaffee, Süßigkeiten, Drogerieartikel, Zeitschriften. Hier bezahlt man auch seine Stromrechnung oder holt seine Päckchen-Lieferung ab. Das preiswerte, abgepackte Essen, wie Sando (Sandwiches), Onigiri (gewürzte Reisbällchen) und Bento-Boxen sind von richtig guter Qualität.
Die drei großen Konbini-Ketten sind 7-Eleven, FamilyMart und Lawson. Und wahre Konbini-Besessene streiten gerne im Detail darüber, was jede Kette besser hat und kann. 7-Eleven ist mit 20.000 Standorten in Japan die größte Kette, bietet neben W-Lan auch ATM Geldautomaten für ausländische Kreditkarten.
Megacity ohne Mülleimer. Wie diszipliniert Japaner sind, merkt man, wenn man auf Tokios Straßen vergeblich nach einem Mülleimer sucht. Man nimmt seinen Abfall schlichtweg mit nach Hause. Auf der Straße zu trinken, zu essen oder zu rauchen ist in Japan äußerst verpönt. Das hat auch rein praktische Gründe, zu viele Menschen auf zu engem Raum würden Unmengen an Abfall produzieren. Abhilfe bei der Entsorgung bietet jeder ‚Konbini’ 24-Stundenladen und manchmal findet man eine Gelegenheit am Bahnsteig. Bei den Abfalleimern neben Getränkeautomaten sollte man sich nicht verleiten lassen, etwas anderes, als das dafür vorgesehene Leergut zu entsorgen. Ein System, das wohl in keiner anderen Megacity funktionieren dürfte.
Lesetipp: Die Ladenhüterin (Convenience Store Woman)
Unserer Heldin Keiko ist nicht dumm, nur anders, schon als Kind, als sie nicht verstand, warum das tote Vöglein begraben werden sollte und nicht gegessen. Während des Studiums in Tokio nimmt sie einen Aushilfsjob in einem Konbini an (der japanische Convenience Store). Andere Studenten kommen und gehen, Manager kommen und gehen, nur Keiko arbeitet auch mit 36 Jahren noch als Teilzeitkraft in der gleichen 'Smile Mart' Filiale, denn hier beherrscht sie alle Regeln des sozialen Miteinander. Um liniengetreu zu sein, kopiert sie die Sprache und den Modestil ihrer Mitarbeiterinnen und geht in der Konformität ihrer Arbeit auf. Der Konbini Laden wird zu ihrer kleinen heilen Welt bis ein zynischer neuer Mitarbeiter sie ins Wanken bringt. Mit scharfsichtigem Blick erzählt Keiko über ihr Leben als 'Ladenhüterin', berührend, beklemmend und komisch – und zeigt auf die verkrusteten Normen und Werte in der japanischen Gesellschaft.
»Schlicht und schön ist die Moral dieser befremdlich tröstlichen Geschichte.« Die Zeit
Hugendubel* | Thalia* | Amazon* auch als Hörbuch. (Werbelinks*).
Ticket für die Highlight Ausstellung sichern auf Getyourguide*. WERBUNG
Planlos in Tokio. Hier vermisst man die sprichwörtliche Japanische Ordnung. Die wenigsten Straßen haben einen Namen und die Hausnummern werden nach Baujahr vergeben. Adressen bleiben oft ein Rätsel und selbst Japaner haben Probleme, ihr Ziel zu finden. In Tokio sagt man, "um eine Adresse zu finden, muss man erst dort gewesen sein". Mit Google Maps haben wir aber fast alles gefunden.
Bloß nicht stören. Rücksicht nimmt man auf dem stillen Örtchen, peinliche Geräusche werden mit Wasserrauschen oder Vogelgezwitscher unterdrückt, es gibt sogar Pillen für geruchslose Verdauung. Japaner wird man nie laut erleben, außer vielleicht, sie sind betrunken. Im öffentlichen Stadtverkehr wird kaum gesprochen, niemals telefoniert, geschweige denn gegessen und die Lektüre versteckt man hinter einem neutralen Einband, schon beim Kauf wird es ungefragt eingeschlagen.
Im Land der Automaten. Automaten gehören zum Stadtbild und sind Ausdruck des japanischen Service-Gedankens. Sowohl kalte (blau) als auch heiße Getränke (rot) oder Snacks müssen stets verfügbar sein. Mit der zur Kühlung entstandenen Wärme werden die Heißgetränke erhitzt. Morgens gibt es überall schnell einen heißen Dosenkaffee mit Milch oder ein kaltes Handtuch aus der Dose zur Erfrischung bei schwül-heißem Wetter. Andere Automaten spucken einen Blumenstrauß, Sushi, Spielzeug, das Horoskop oder eine Nudelsuppe aus, aber keine „gebrauchten Mädchenslips“, wie immer noch gerne geschrieben wird. Sie tauchten 1993 kurz auf, wurden aber schnell wieder aufgegeben, da man die Fetisch-Kundschaft mit gefakten Höschen getäuscht hatte. Getränkeautomaten sind so eingestellt, dass sie im Katastrophenfall, etwa einem schweren Erbeben, die Getränke kostenlos abgeben. Und nicht erschrecken, wenn dich ein Automat anspricht! "Hatten Sie einen anstrengenden Tag?"
In Ramen-Shops steht häufig ein Automat an dem man erst sein Ticket für die Suppe ziehen muss. Man wählt dabei die Brühe, Einlagen und Schärfe und wirft das Geld ein. Bei den Getränkeautomaten helfen die Farben das Getränk zu bestimmen: Blau steht für kalt, rot ist heiß, grün ist meist ein Tee. Beim Kaffee Acht geben, den gibt es auch kalt. An den Automaten kann mit der Suica-Card bezahlt werden.
Die japanische Hightech-Toilette. Hat man sie erstmal kennengelernt, wird man sie am Ende vermissen.
Erstaunlich, dass es im Land der Hightech-Toiletten mit Sound, Fön, Power-Deo und temperiertem Duschsystem auch noch Stehklos gibt, die an Schulen und öffentlichen Plätzen noch zum Alltag gehören. An den Türen der modernen Toiletten steht witzigerweise 'Western style' und bei der Stehvariante 'Japanese style'. Was ich zuhause als erstes vermisst habe: das automatische Heben und Senken des Klodeckels und am meisten die beheizte Klobrille!
Das Projekt 'The Tokyo Toilet' zeigt, wie schön das stille Örtchen sein kann
Die neuesten öffentlichen Toiletten des Projekts THE TOKYO TOILET sind mehr als nur WCs. Ungeachtet seines Rufs als eines der hygienischsten Länder der Welt haftet Japan immer noch ein negatives Bild an, wenn es um öffentliche Toiletten geht. Um das zu ändern, wurden im Rahmen der Olympischen Spiele 2021 im Stadtteil Shibuya 17 Toilettenhäuschen von 16 namhaften Architekten installiert, jedes ist einzigartig. Die weiße Kugel von Kazoo Sato ist vollständig sprachgesteuert und berührungslos zu besuchen, die von Pritzker-Preisträger Shigeru Ban sind vollständig durchsichtig. Aber keine Sorge, sobald die Tür verschlossen ist, wird das 'intelligente Glas' undurchsichtig! Und während der Dunkelheit im Park leuchten die Kabinen farbenfroh wie eine Laterne. Das benutzerfreundlichere und moderne Design soll die Besucher ermutigen, die Toiletten mit Rücksicht auf die nächsten Besucher zu benutzen. Mit Lageplan auf der Homepage TokyoToilet.
Tokyotoilet.jp 5 Fotos von Satoshi Nagare mit freundlicher Genehmigung der Nippon Foundation
Von Edel Seebauer / Fotograf Jürgen Mahler (1 Foto depositphotos.com)
Wenn der Bericht gefallen hat, freue ich mich über einen Eintrag im Gästebuch.
Weitere Reiseberichte über JAPAN