Zweitägige Wandertour mit Übernachtung in der Vajolethütte
Wo sich die Dolomiten als Wanderziel schon allseits größter Beliebtheit erfreuen, ist der Rosengarten so etwas wie das 'Venedig der Dolomiten'. Wunderschön, kompakt, schnell zugänglich und regelrecht umschwärmt von (Berg-)Touristen aus aller Welt. Wen wundert's!? Steht man im Zentrum Bozens, kann man die in der Abenddämmerung rot glühende Rosengartenwand nicht nur bewundern, sondern ihr auch in kürzester Zeit sehr nahe rücken.
Eckdaten unser zweitägigen Rosengarten-Wanderung
Mit einer Hüttenübernachtung kombinieren wir unsere Touren aus dem ROTHER Wanderführer FASSATAL* – Dolomiten Band 4 (mit Rosengarten, Langkofel, Sella und Marmolada).
1. Tag:
Vigo di Fassa – Bergbahn zum Campedié Hochplateau – in 1:30h zur Vajolethütte (Zimmer beziehen) – nachmittags in rund 3:30h von der Vajolethütte zur Cima Scalieret und zurück – insgesamt 900 Hm bergauf – 650 Hm bergab. (Angaben sind reine Wanderzeiten). Übernachtung Vajolethütte.
2. Tag:
Vajolethütte über Cigoladepass zur Rotwandhütte in 2:30h, dann über den Fassaner Höhenweg nach Campedié in 1:30h und mit der Gondel zurück nach Vigo di Fassa (Angaben sind reine Wanderzeiten).
Optional: Vajolethütte - Santnerpasshütte und zurück in 2:15h – 500 Hm
Der Weg ins Herz der Dolomiten ist leicht!
Der rund zehn Kilometer lange, in Nord-Süd-Richtung verlaufende Hauptkamm der Rosengartengruppe ist von allen Seiten mit Hilfe von Bergbahnen mehr oder weniger leicht erreichbar: von Südtiroler Seite neben dem Eggental, auch über das Tierser Tal, bzw. im Norden die Tierser Alpe. Von Bozen durchs Eggental hinauf, könnte man am Karerpass den Lift zur Paolinahütte nehmen und stünde in gut einer Stunde am Fuße der mächtigen Rotwand. Wir aber überqueren am Karerpass die Grenze zur Provinz Trentino und fahren in einer Viertelstunde hinab nach Vigo im Val di Fassa, wo wieder italienisch oder, wer's kann, ladinisch gesprochen wird.
Wir wollen unser Wanderwochenende gleich im Herzen des Rosengartens beginnen. Dazu nehmen wir die Seilbahn in Vigo di Fassa. Sie bringt uns gut 600 Höhenmeter hinauf aufs Ciampedié Hochplateau. Dort oben könnte man sich, ohne einen Wanderschritt zu tun, faulenzend niederlassen und 'Dolomiten-Fernsehen' erster Klasse schauen. Rosengarten- und Larsecgruppe vor der Nase, links der Latemar, rechts die Sella, was gibt es Schöneres, als hier zu verweilen und es sich in einer der Berggaststätten gemütlich zu machen? Hausgemachte Tagliatelle mit Hirschragout steht auf der handgeschriebenen Speisekarte.
Nun, für den Wanderer gibt es noch reizvollere Ziele, nämlich durch das Vajolettal hinauf zur gleichnamigen Vajolet Hütte, dort steht man dann mitten drin in diesem Zirkus aus Türmen, Steilwänden und Schuttkegeln.
Der Name "Rosengarten" hat tatsächlich einen anderen, weniger mystischen Ursprung als die Sage von König Laurins verzauberten Rosengarten. Die für die Dolomiten so typischen Schuttkegel oder Geröllhalden haben dem Rosengarten seinen Namen gegeben. Etymologisch wird Rosengarten auf das alte Wort "ruza" zurückgeführt, das eine Geröllhalde bezeichnet. Auch der italienische Name "Catinaccio" leitet sich vom ladinischen "ciadenac" ab, was Berg- oder Geröllkessel bedeutet. Zu wunderbar passte die Sage in das Konzept der Fremdenverkehrswerbung, als man die Dolomiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts gerade für den gehobenen Tourismus entdeckte. Aus einem Reiseziel wurde eine Marke.
Die kleine Preusshütte auf einer Felsstufe kommt in Sicht, dahinter, noch nicht sichtbar, steht seit 1897 nur wenige Meter entfernt die Vajolethütte, unser Ziel.
Auf 2243m urgemütlich in der Vajolethütte
Auf dem eineinhalbstündigen Fußmarsch vom Campedié Boden zur Vajolethütte kommen wir uns vor wie auf einer Volkswanderung, jede Menge Mitwanderer unterwegs. Doch das sollte sich im Laufe unseres Wandertages ändern.
Der Rosengarten ist nur so gespickt mit Beherbergungsbetrieben. Auf der Webseite Rifugi del Catinaccio werden gleich 16 Schutzhütten aufgeführt. Für eine zweitägige Tour bietet sich die Vajolethütte an. Nicht nur, weil sie zentral im Rosengarten und spektakulär unter den Vajolettürmen liegt, sondern auch, weil sie Doppelzimmer bietet und den für uns angenehmen Charme eines traditionellen italienischen Berggasthauses versprüht – mit Espressomaschine und perfektem italienischen „caffè“.
- Rifugio Vajolet auf 2243 m, (DAV-Mitglieder ermäßigt) mit Frühstück, wahlweise Halbpension oder Abendessen à la carte. Warme Dusche kostet extra.
Ein weiteres Plus der Vajolethütte ist, dass wir bereits vor 12 Uhr in unser Zimmer einchecken, unnötigen Ballast wie den Hüttenschlafsack und Waschzeug zurücklassen und sodann mit leichtem Gepäck unseren Tagesgipfel in Angriff nehmen können: einen Wahnsinns Panorama-Gipfel, den nur Insider kennen.
„Aussichtsberge im klassischen Sinn mit umfassenden Panoramen, fesselnden Nahblicken und leichten Zugängen gibt es in den Dolomiten nicht allzu viele. Die Cima Scalieret… gehört jedenfalls zu ihnen“, schreibt der Rother Wanderführer Fassatal (Top-Wanderung Nr.6). Dem können wir nur zustimmen, die rund 650 Höhenmeter über den Grasleitenpass (auf einen Espresso in die Grasleitenpasshütte) und weiter zum Antermoiapass sind absolut lohnenswert. Im Rother Wanderführer genau beschrieben, gibt es vor Ort am Antermoiapass keine Ausschilderung zum Scalieret, hier aufpassen und den rechten der beiden Pfade gehen. Wir haben uns die letzten flachen, aber ausgesetzten Meter zum Gipfel geschenkt und dort oben vespernd die phänomenale 360-Grad-Aussicht genossen.
Nach einem wohlverdienten Abendessen und einer geruhsamen Nacht steht am zweiten Tag der 2. Teil der im Rother beschriebenen Großen Rosengartenrunde auf dem Programm:
Vajolethütte Panoramaweg über den Cigoladepass zur Rotwandhütte und zur Seilbahn Campedié.
Wer fit ist, kann vorher noch zum Frühsport einen Abstecher zum Santnerpass machen. Rund 500 Höhenmeter geht es von der Vajolethütte über die Gartlhütte zur 2023 neu eröffneten Santnerpasshütte. Spektakulär soll der Blick aus 2.500 Metern Höhe auf die Südtiroler Landeshauptstadt Bozen sein. Wer ein Klettersteigset im Rucksack hat, kann von dort oben seine Rundtour in Richtung Rosengartenhütte fortsetzen. Wer keines dabei hat, kehrt um und startet wie wir zwei Kehren unterhalb der Vajolethütte in Richtung Cigoladepass. Die einzige kleine Herausforderung auf dieser Strecke ist das Überwinden einer sechs Meter hohen Leiter.
Die Ein- und Ausblicke auf diesem Höhenweg unter dem Baumannkamm entlang bleiben spektakulär, vor allem wenn sich Nebelschwaden über die bizarren Felszapfen legen. In steilen Kehren geht es dann hinauf zum Col de Cigolade (2.550 m) und wieder hinunter. Über Wiesen begleitet uns die Rotwand bis zur Rotwandhütte. Wir lassen uns Kaffee und Kuchen schmecken und wandern nach einem kurzen Abstieg entlang der Kammlinie durch lichten Lärchenwald zurück nach Campediè zur Gondel nach Vigo di Fassa, wo unser Auto steht.
Nach unseren beiden Wandertagen suchten wir nicht wieder den kürzesten Weg über den Karerpass und das Eggental zurück zur heimführenden Brenner-Autobahn, sondern fuhren durch das Fassatal hinauf über das Sellajoch ins Grödnertal. Dabei fiel uns auf, dass die beiden Täler einen deutlichen Kontrast bilden. Im Val di Fassa (Fassatal) gibt es eine Reihe kleiner, voneinander abgegrenzter Ortschaften mit einer eigenwilligen, aber harmonischen Architektur. Das Val Gardena (Grödnertal) hingegen ist mittlerweile von Wolkenstein bis St. Ulrich durchgehend bebaut und wirkt mit einem Stilmix aus moderner und traditioneller Architektur fast schon urban.
- Tourismusverband Val di Fassa: In allen 7 Dörfern des Fassatals gibt es ein Tourismusbüro.
- Offizielle Webseite Visit Trentino.
Rother Wanderführer Dolomiten 4 Fassatal: mit Rosengarten, Langkofel, Sella und Marmolada. 54 Touren mit (GPS-Tracks). Amazon* Blick ins Buch.
Übernachtungstipps im Tal
- Im Fassatal gibt es viele sehr gut bewertete Unterkünfte > 9+ auf Booking.com, von Apartments, Garni Hotels bis Wellness Hotel.
- Einen Campingplatz gibt es z.B. in Pozza di Fassa und ein sehr schön gelegener in Campitello di Fassa.
In Vigo di Fassa:
Das liebenswerte B&B Bucaneve*(Booking.com 9,2 Punkte) liegt nur 600m von der Catinaccio-Seilbahn entfernt. Die schönen Zimmer sind geräumig mit Blick vom Balkon. Gutes Frühstück, Parken gratis. Die herzlichen Gastgeber geben gute Tipps. Sehr fairer Preis.
In Pozza di Fassa:
Garnì Villa Elsa*(Booking.com 9,3 Punkte). In dem gepflegten Garni-Hotel serviert Gastgeberin Monica ein traumhaftes Frühstück! Zimmer mit Balkon. Parken gratis, 10 Gehminuten zur QC Therme Dolomiti und 5 Autominuten zu den Catinaccio-Seilbahnen.
Übrigens, für die Skifahrer unter den Lesern: Einen Einstieg in die weltberühmte Sellaronda Skirunde gibt es auch aus den Orten Campitello und Canazei im Fassatal.
Von Jürgen Mahler
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