Schottland Camper-Rundreise TEIL 5: Nordosten Coastal Trail bis Aberdeen

Seit Jahren sausen Reisende durch Schottland, immer mit Blick auf die umschwärmten Northwest Highlands.  Glücklicherweise ist Schottlands Ostküste noch nicht überlaufen. Hier gibt es Sandstrände, Meeressäuger, fette Hummer, dramatische Klippen und zweifellos die malerischsten Fischerdörfer, die als Kulisse für den nächsten Rosamunde-Pilcher-Film dienen könnten. Ein guter Grund, vom Coastal Trail abzuweichen, wäre der Whisky Trail und die Royal Deeside – dann gilt es nach der Granitstadt Aberdeen landeinwärts abzubiegen.

Als Antwort auf die North Coast 500 Route wurde 'Noch eine Runde Schottland', die North East 250 ins Leben gerufen – in der Hoffnung auf den gleichen Erfolg. Schließlich hat man hier genauso viel zu bieten.  

Route ab Inverness: Über den North East Coastal Trail bis zur 'Silver City' Aberdeen. 

Von den Western Highlands und Skye zu den North Highlands, die wir nun mit den Eastern Highlands abrunden.

Über die Speyside, die Küste von Moray bis nach Aberdeen 4 Tage | Reisezeit Anfang Juni:

Speyside (Whisky Trail) – Elgin – Findhorn (1 ÜN) – Moray Küste: Findochty, Cullen, Crovie, Pennan, Sandend (1 ÜN) – Cruden Bay (1 ÜN) – Aberdeen (1 ÜN). Inverness bis Aberdeen Route Google Maps.

• Unsere Camping- und Stellplätze sind im Reisebericht beschrieben.

Unsere weiteren Schottland Berichte

Mehr als die Hälfte der schottischen Whisky-Brennereien, über 50 an der Zahl, konzentrieren sich entlang des Malt Whisky Trails in der Speyside, dem Whiskyparadies am Lauf des Flusses Spey. Weltberühmt ist der Spey aber auch als Lachsfluss. An den besten Stellen werden bis zu 1.000 Pfund pro Tag für Angelrechte hingelegt.

Direkt an der Spey Road gelegen, ist die Tormore Distillery nicht zu übersehen. Das architektonische Juwel steht seit 1986 unter Denkmalschutz. (Lage Google Maps).

Speyside Whiskys sind nicht rauchig bzw. torfig wie die Whiskys vom Inselwesten. Die runden und feinen Nuancen kommen besser zur Geltung. Die Whiskys sind süß, blumig und fruchtig mit Noten von Vanille und Toffee. Das macht es auch Whisky-Neulingen leicht.

Unser Lieblingswhisky: Glenfarclas. Die Destillerie ist seit ihrer Gründung 1865 in der sechsten Generation im Besitz derselben Familie Grant – eine Seltenheit. Hier ist alles so schön altmodisch geblieben und der Whisky verwöhnt unseren Gaumen. Schon der jüngste Single Malt mit 10 Jahren ist gut. Wir schauen spontan vorbei, bekommen eine Kostprobe im schönen alten Probierraum und da gerade keine anderen Gäste da sind, nimmt man sich viel Zeit für einen Plausch über die Situation des Whiskys in der heutigen Zeit. Die Kapazität der Brennblasen ist begrenzt, und Whisky reifen zu lassen, lässt sich ebenso wenig beschleunigen, wie man schneller schlafen kann. Gin-Destillerien sprießen nicht umsonst aus dem Boden, sie erzielen ähnliche Preise bei vergleichsweise geringen Kosten.

• Der exklusive Whisky der Glenfarclas Family Cask Collection (1952-2003) ist eine Einzelfassabfüllung aus dem besten Fass des Jahrgangs –  schenkt The Mash Tun Pub in Aberlour aus!
• Eine Tour kann über die Glenfarclas Homepage gebucht werden.

Wir studieren ausgiebig das Whisky Tasting Wheel der identifizierten Aromen und Geschmackskategorien, was die Zungen und Nasen der Experten so alles entdecken... Stromkabel, frische Wäsche, Kartoffelbrei, abgebrannte Streichhölzer, Milchreis, gekochtes Schweinefleisch, stehendes Wasser, Kohlwasser, Radiergummi. 

Einblicke in die Kunst des Küferhandwerks

12 Kilometer weiter wartet In Craigellachie bei Dufftown ein Highlight auf dem Whisky Trail. Die Speyside Cooperage ist die größte unabhängige Küferei im Vereinigten Königreich. Die Familie Taylor hat sie 1947 gegründet und besitzt sogar Niederlassungen in Kentucky und Ohio.

In früheren Zeiten trank man die narkotisierenden Destillate der lokalen Brennereien – und das auch eher als Medizin – bis man erkannte, wie man daraus ein Genussmittel machen konnte: mit viel Geduld auf dem Weg der langen Fassreife. Vom Malz zum Fass bis zum ersten Schluck Single Malt Whisky vergehen mindestens 10 Jahre. Eine Destillerie kann noch so gut sein, am Ende kommt es aufs Fass an, den Geschmacksträger, in dem zuvor Bourbon, Sherry oder Port im Eichenholz lagerten. Diese Fässer kommen aus der ganzen Welt in die Speyside Cooperage, um von den erfahrenen Händen der Küfer für den Whisky aufbereitet zu werden, auch alte Whiskyfässer werden repariert. In der rauchgeschwängerten Werkstatt tanzen die Böttcher mit schnellen Hammerschlägen um die Fässer, andere werden mit Flammen ausgebrannt und aus einem Stapel Dauben wird in wenigen Minuten ein Fass. Schwerstarbeit, bei der jeder Handgriff sitzt ,und das in atemberaubender Geschwindigkeit.

Speyside Cooperage Visitor Centre. Geöffnet von Montag bis Freitag. Führungen können über die Website gebucht werden. Eine seltene Gelegenheit, das alte Küfer-Handwerk zu erleben. Infos auf Google Maps.

• Speyside-Touren verschiedener Art und Länge von lokalen Anbietern bietet Getyourguide*:

Tagestouren: Speyside Whisky Trail / Cairngorms National Park & Whisky Tour / Moray Coast mit Papageientauchern und Speyside Whisky Tour / bis hin zu 3-tägigen Whisky-Kleingruppentour. Hier die Touren-Übersicht (24 Stunden vorher kostenlos stornierbar). 

Speyside Cooperage Fotos: North East 250 / Damian Shields

Schön übernachtet man in der Craigellachie Lodge (siehe Booking*). Sie liegt ideal in der Speyside und ist ein ruhiger Zufluchtsort abseits des Trubels mit offenem Kamin, hervorragendem Frühstück und einer Whisky-Bar im Haus.

Wandern auf dem Speyside Hiking Way. 

Der Abschnitt von Craigellachie (Speyside Cooperage) über Aberlour bis Ballindalloch folgt der alten Eisenbahntrasse entlang des Flusses Spey und führt an einer Reihe von Whisky-Brennereien vorbei (auch für Radfahrer geeignet). Oneway 19,5 km. Route mit Karte auf Speyside Walking: Craigellachie – Ballindalloch.

Schottland Aktivitäten & Touren einfach finden (24 Stunden vorher stornierbar) bei Getyourguide*

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Die Kathedrale von Elgin ist eine prächtige Ruine. Wegen ihrer Schönheit wurde sie auch das 'Licht des Nordens' genannt. Sie war nach St. Andrews die zweitgrößte Kathedrale Schottlands. Man kann sie immer noch in ihrer zerstörten Größe bewundern, wenn man einen Spaziergang durch ihren Garten macht. 

Zu ihrer bewegten Geschichte gehört ein verheerender Brand, der 1390 als Racheakt vom unehelichen Königssohn Alexander Stewart, dem "Wolf von Badenoch", gelegt wurde. Die Kathedrale wurde zwar wieder aufgebaut, verfiel aber nach den Reformationskriegen im 16. Jahrhundert. Das Bleidach ließ der Earl of Moray damals entfernen, um den Sold seiner Armee bezahlen zu können.

Der achteckige Kapitelsaal ist ein Meisterwerk der Baukunst. Seine beeindruckende Gewölbedecke ruht auf einem zentralen Steinpfeiler. Die beiden vierstöckigen Türme beherbergen eine Sammlung verlorener Schönheit, Meisterwerke der Steinmetzkunst aus einstigem 'Licht des Nordens'. Über Wendeltreppen kann man bis auf das Dach steigen und die Aussicht genießen.

• Bei J.C. Dawson kaufen wir Lammkoteletts, seine Sausages und Pies sind preisgekrönt! (Map).

• In der bekannten Kaschmirfabrik Johnston of Elgin kann man viel Geld ausgeben oder sich durch die Produktionsstätte führen lassen. Ich habe den Eindruck, dass viele Besucher wegen des superben Lunch und Kuchenangebots die Cafeteria aufsuchen. Mittagsgerichte sind schnell ausverkauft! Google Maps.

Entlang einer der schönsten Küstenlandschaften in ganz Schottland

Die Küste von Moray ist lebendiger und wärmer als die Atlantikküste eine Etage höher im rauen Norden. Hier liegt man sozusagen im Regenschatten. Endlose Strände, Klippenpfade und versteckte Buchten wechseln sich ab mit charmanten Häfen und Fischerdörfern, eins schöner als das andere:  Findhorn, Findochty, Cullen, Portsoy, Crovie, Pennan. 

Aus einer „verrückten“ Kommune im Nordosten Schottlands  ist ein florierendes Ökodorf geworden. 1962 folgten drei Freunde ihrer inneren Stimme. Sie zogen in einem blauen Wohnwagen nach Findhorn und starteten das Findhorn-Projekt, ein Modell für nachhaltiges Leben. Gleichgesinnte aus aller Welt wurden angezogen, "verrückte Leute", die Inspiration und neue Ideen brachten. Heute lebt die berühmte Öko-Community in schönen, ökologischen, CO2-freien Häusern mit großen Blumengärten und hat ihre eigene lokale Währung, den Eko. Ihre ersten experimentellen "kleinen Häuser" bauten sie aus riesigen Whiskyfässern. (Findhorn Ecovillage).

Wir schauen uns das Ökodorf an und parken unseren Bus gleich neben dem von der Community betriebenen Campingplatz Findhorn Bay Holiday Park & Camping. Sehr freundlicher Empfang und die besten Sanitäranlagen unserer Reise mit Einzelbädern wie im Hotel. Es werden auch Eco-Cabins und Chalets vermietet.

• Im Fischerdorf Findhorn gibt es hinter dem Dünenstrand Stellplätze für Wohnmobile (Google Maps).

Einen Spaziergang entfernt liegt auf der Landspitze das alte, ungeschminkte Dörfchen Findhorn mit seinem endlosen Dünenstrand. Hier gibt es das Crown and Anchor Inn von 1739, das älteste Haus im Ort, einen Pub, ein Café, eine Bio-Bäckerei und The Captain's Table im bunten alten Hafengebäude. Hier sitzt man auf Holzbänken und genießt den Blick über die Bucht. An Wochenenden ist es ein beliebtes Familien-Ausflugsziel. 

Stopp in Buckie beim besten Fischhändler an der Küste von Moray. Das Familienunternehmen Eat Mair Fish verkauft seit mehr als 40 Jahren Fisch und Meeresfrüchte von bester Qualität. Es gibt Austern und vorgekochten Hummer, und auch die Fischpasteten sind hervorragend.

Fischerhafen-Idylle Findochty 

 Für den besten Blick auf Findochty erklimmen wir am westlichen Ortseingang eine Anhöhe (Map) bis zum Kriegerdenkmal in Höhe des Golfplatzes. Schmucke Cottages drängen sich um den geschützten Naturhafen, unter uns wird Rasenbowling gespielt. Das erste schriftliche Regelwerk des britischen Kugelsports aus dem Jahr 1849 stammt aus Schottland und ist teilweise noch heute gültig. Wir blicken auf den verlockend gelegenen  Findochty Caravan Park, der sich als ausgebucht erweist. Das Admirals Inn am Hafen ist eindeutig der Treffpunkt in Findochty.

An der Küste des mittelalterlichen Fischerdorfes Portknockie liegt der Bow Fiddle Rock, ein Meeresbogen in Form eines Geigenbogens.

• Wandertipp: Portknockie und Cullen Bay. Dieser herrliche Küstenrundweg verbindet die Fischerdörfer Cullen und Portknockie durch eine beeindruckende Klippenlandschaft, vorbei am Bow Fiddle Rock, Rundweg 7,5 km 2-2h30.

Cullen strahlt Urlaubsstimmung aus. Vor allem, weil uns der schottische Regen lange verschont hat, unglaubliche 14 Tage ohne Unterbrechung. Seatown Cullen ist eine herrlich unregelmäßige Ansammlung von bunten, dicht gedrängten Cottages mit Giebeln, die alle zum Meer hin ausgerichtet sind. Dort liegt auch der beeindruckend lange Strand, der von drei einsamen Felsnadeln bewacht wird. Cullen Bay ist, wen wundert's, die „Königin der Küste“ und wird von allen geliebt, auch von den Großen Tümmlern,  die man oft beim Springen und Spielen in Küstennähe beobachten kann.

Oberhalb der Bucht wurde 1870 der Cullen Golf Course angelegt, der landschaftlich so spektakulär ist, dass ihn jeder Golfer einmal gespielt haben muss. Bizarre Felsformationen aus rotem Sandstein ragen aus den grünen Wellen, den "liegenden Affen" gilt es zu umspielen.

Upper Cullen, die "neue Stadt", gibt es seit 1822 mit geordneten, breiten Straßen. Bemerkenswert ist ein altes Eisenbahnviadukt, das die Hauptstraße überspannt. Von oben genießt man heute den Blick über Cullen und die Bucht.

Randnotizen.

In ganz Schottland gilt ein "public right of way". Der Zugang zu Land und Wasser ist jedermann zu jeder Tages- und Nachtzeit gestattet. Oft müssen Golfplätze überquert werden, um zum Strand oder zu Küstenwegen zu gelangen. Der Kodex stellt klar: Die Golfspieler dürfen nicht gestört werden und die Benutzung der Wege erfolgt auf eigene Gefahr. Wenn jemand "fore" ruft, fliegt ein verirrter Golfball durch die Luft.

"Please don't flush". "Bitte nicht die Toilette hinunterspülen" ist ein Satz, den man häufig liest. Viele Abflussrohre sind in schlechtem Zustand. Bei den Strandtoiletten in Cullen nimmt man es mit schottischem Humor. (wie dasFoto zeigt).

Eine gute Cullen Skink bekommt man im Lily's Kitchen Cafe (auch leckere Kuchen!) oder auch im angesagten Rockpool Cafe mit interessanter Speisekarte: Coronation Cauliflower Naan, Katsu Prawn Taco, Korean Chicken Salad... (Reservierung empfohlen).

Unterkunft in Cullen: 

Das Seafield Arms neben dem Rathaus von Cullen ist nach seiner Modernisierung ein 4-Sterne-Hotel mit modernen, eleganten Zimmern. Die beste Wahl in Cullen Seatown ist das Royal Oak Hotel mit seinem guten Restaurant, nur 50 Meter vom großartigen Strand entfernt. Beide mit Angeboten auf Booking.com.

Das beste Eis der Küste! 

Interessante Eissorten wie Homemade Lemon Meringue gibt es im kleinen Ice Cream Shop in Cullen (gleich neben dem Rockpool Cafe). Die Qual der Wahl hat man im berühmten Portsoy Ice Cream Shop 10 km östlich im Zentrum von Portsoy.

Portsoys alter L-förmiger Hafen wurde bereits 1692 angelegt. Unten am Hafen entdecken wir eine Wand mit Erinnerungen an einen verstorbenen 'Michael Gray'. Dass es sich dabei um die Filmfigur der BBC-Gangsterserie "Peaky Blinders" aus den 1920er Jahren handelt, erfahren wir im Café nebenan. Portsoy diente als Kulisse. Hier wurde in der letzten Folge das hochrangige Mitglied der Peaky Blinders überraschend ermordet. Neben anderen Serien diente Portsoy auch als Hauptdrehort für die Filmkomödie Whiskey Galore! (Remake 2016)

Einkehr am Hafen: Das Port House Cafe ist ein guter Ort zum Mittagessen oder Kaffeetrinken. 

The Shore Inn ist ein gemütlicher Pub, in den Einheimische wie Besucher gerne einkehren. Der Kamin brennt und der Sportkanal läuft. Authentisch, tolle Atmosphäre für ein Pint.

• Wanderweg Portsoy – Sandend.  Dieser schöne Küstenabschnitt verbindet Portsoy mit dem kleinen Dorf und Strand von Sandend, wo wir auf dem Campingplatz übernachten. Rundwanderung 2,5-3 Stunden.

Ein lang anhaltendes Hoch hat viele Inselbewohner spontan an die Küste von Moray gelockt und die Campingplätze sind gut besucht, die kleinen am Meer sind schnell voll, aber unter den vielen Campingplätzen an der Küste findet man seinen Platz – wir im hübschen Küstendorf Sandend. Der Sandstrand, der dem Ort seinen Namen gab, ist bei Familien und Surfern gleichermaßen beliebt. Hier gibt es nichts als Ruhe, keinen Laden, kein Pub.

Sandend

Sandend Holidays Campingplatz: Sehr gepflegtes Gelände. Direkt hinter den Dünen am Strand gelegen, ruhig und wenig Wind. Der Camping-Kräutergarten kommt unseren Lammkoteletts auf dem Grill sehr gelegen. Wir haben einen schönen Rasenplatz ohne Strom. Das Badehaus ist älter, aber gut in Schuss, die Duschkabine mit Umkleideraum, alles ist hier gepflegt und wohl geordnet.

Drei Campingplätze in der Nähe: Findochty Caravan Park. Wohnmobilstellplatz Cullen (Google Maps), wurde derzeit zu einem Platz mit festen Stellplätzen, Strom und Toiletten ausgebaut. Portsoy Links Caravan Park.

Zwei kleine Dörfer, die sich einen schmalen Streifen zwischen Klippen und Meer abgerungen haben: Crovie und Pennan.

Geradezu niedlich ist das winzige Crovie. Die schönste Art, sich Crovie zu nähern, ist zu Fuß von Gardenstown aus über den Küstenpfad. Unten am Hafen von Gardenstown beginnt der Weg am Public Car Park (Overnight Parking 10 £). Crovie von oben kann man von einem Aussichtsparkplatz genießen (auf Google Maps).

Hinter Crovie, an den Klippen von Troup Head, nisten Kolonien von Basstöpeln und mit etwas Glück kann man Papageientaucher auf den Felsen sehen, während Delfine vorbeiziehen.

Dicht an dicht drängen sich die weiß verputzten Häuschen entlang der Mole am Fuße der Sandsteinklippen. Pennan ist Cineasten bekannt durch den poetisch-amüsanten Kultfilm Local Hero (1983) mit Burt Lancaster als texanischem Ölmagnaten und einer roten Telefonzelle, die im Film auch eine Hauptrolle spielt. Kurioserweise war sie nur eine Filmrequisite. Die heute berühmteste Telefonzelle Schottlands wurde erst sechs Jahre nach dem Film als Touristenattraktion aufgestellt. Sie steht vor dem 200 Jahre alten Pub Pennan Inn, das noch nicht geöffnet hat. Einige Briten haben sich auf Klappstühlen niedergelassen und mit Bier und Ferngläsern bewaffnet: Sie beobachten Kormorane. Ansonsten ist es ruhig an diesem Nachmittag in Pennan.

Viele Besucher kommen, um einmal von der berühmten Telefonzelle aus zu telefonieren. (Parkplatz am Ende der Dorfstraße). Das Pennan Inn* ist das einzige B&B und sein Pub erinnert in jeder Ecke an Local Hero. 

Wer auf der Weiterfahrt Hunger verspürt, wird im Captain's Table in Fraserburgh bestens versorgt, ob mit Fisch oder Steak. Weiter geht es die Küste hinunter nach Aberdeen.

Naturschauspiel an den Klippen

Am Bullers of Buchan donnert das Meer in die Schlucht mit einer fast 80 Meter tiefen Felsspalte. Hoch über den Klippen mäht eine Frau ihren Rasen. Sie wohnt in einem Häuschen mit Garten und blickt gern auf das tosende Meer. Im Winter, erzählt sie, müsse sie sich manchmal an ihrer Wäschestange festhalten, so stark sei der Wind. Die Bullers of Buchan ziehen immer wieder Selbstmörder an, erzählt sie uns. In den letzten zwei Wochen hätten wieder zwei versucht, sich das Leben zu nehmen und sind gerettet worden. Es gab aber auch tödliche Unfälle mit unangeleinten Hunden, die mitsamt nacheilendem Besitzer in die Tiefe stürzten. Wer auf dem Weg bleibt, hat nichts zu befürchten. Bullers of Buchan Parkplatz. 

An der Steilküste von Cruden Bay liegen die Überreste von Slains Castle, das der Earl of Erroll mehrfach umbauen ließ. Die Burg diente 1895 als Inspiration für den Roman Graf Dracula, damals war sie noch intakt, heute ist sie eine fotogene Ruine. (Google Maps)

Wunderschöne Cruden Bay

Einen der schönsten Stellplätze unserer Reise finden wir am Port Erroll Harbour in der Cruden Bay. Der Blick geht über den herrlichen Strand auf den berühmten Cruden Bay Golfplatz. Picknicktische auf der Wiese, öffentliche Toiletten. Bezahlen sollte selbstverständlich sein, aber nicht jeder wirft 10 £ für die Übernachtung in die Geldkassette. Ein Alleinreisender mit großem Wohnmobil entleerte sogar seine Chemietoilette im Toilettenhäuschen, was ausdrücklich verboten ist, weil es das örtliche Abwassersystem überlastet. Kein Wunder, wenn immer mehr Gemeinden Wohnmobile von ihren Parkplätzen verbannen.

Aberdeen nennt sich stolz die 'Granite City' oder 'Silver City', wenn die Sonne mitspielt. Irgendwann hat sich die Ölhauptstadt Europas unfreiwillig den Titel "traurigste Stadt Großbritanniens" eingehandelt. Dabei hat die Stadt schon 11 Mal den Titel 'Britain in Bloom' gewonnen. In seiner Geradlinigkeit und Strenge verleiht der Granit der Stadt Schönheit. Gleichzeitig wirkt er anderenorts trist und farblos, nicht aber in den Pubs. Als geschäftige alte Hafenstadt ist Aberdeen mit wunderbaren alten Pubs gesegnet.

Ein Pint im gemütlichen The Stag, ein Lunch im Prince of Wales, wo früher die Männer saßen, während die Frauen zu Marks & Spencer gingen. Seit 1850 trinkt und isst man in dem Pub mit den niedrigen Decken in angenehmer Atmosphäre und netter Gesellschaft. Ein Pub ist ein Public House, das im kirchenstrengen Schottland natürlich sonntags geschlossen ist. Im Pub kann man jederzeit ein Wort an seinen Nachbarn richten, der gerne und ungezwungen antwortet. Die Aberdonians sprechen einen Dialekt (Dorisch) und begrüßen einen mit "fit like?" (wie geht's?). „Aberdeen ist der glücklichste Ort in Schottland, und das ist kein Witz“, versichert uns ein schelmischer Aberdonian am Tresen. Die Stadt habe mit knapp drei Prozent die niedrigste Arbeitslosenquote Großbritanniens und mehr als 40 Lotto-Millionäre hervorgebracht. Daran zweifeln wir nicht. Die Schotten sind von beneidenswerter Gelassenheit und herzlicher Fröhlichkeit.

Wir bestaunen die Prachtbauten, die imposante 1,3 km lange Union Street ist ganz aus weißem Granit. Die Krönung ist das Marischal College. Das aufwendige Mauerwerk aus dem bekanntermaßen schwer zu bearbeitenden Granit stammt aus dem Jahr 1906 und ist nach El Escorial bei Madrid das zweitgrößte Granitgebäude der Welt. Heute beherbergt es die Stadtverwaltung. Dass das Gebäude wie neu aussieht, verdankt es dem harten und widerstandsfähigen Stein.

Ein Spaziergang durch Footdee, oder Fittie im Dialekt, zeigt ein malerisches Fleckchen von Aberdeen. Im alten Fischerviertel drängen sich die bunten Gärten der heimeligen Fischerhäuschen, alle mit dem Rücken zum Meer, um sich vor den wilden Stürmen zu schützen, mit fantasievollen Dekorationen bis hin zu skurrilen Details. Footdee auf Google Maps. Direkt am Kai liegt das berühmte Fischrestaurant The Silver Darling.

The Grill, Aberdeens berühmteste Whisky-Bar in der Union Street, wurde 1870 als Restaurant gegründet, der Name ist geblieben. Die Bar ist mit ihrer Bronzefassade, den mit Mahagoni getäfelten Wänden und der dekorativen Gipsdecke ein Schmuckstück und international für ihre Whiskyauswahl bekannt. Schlagzeilen machte sie jedoch mit einem anderen Thema. Bis 1975, als das Gleichberechtigungsgesetz der Geschlechter in Kraft trat, wurden Frauen im „Grill“ nicht bedient. Der Bau einer Damentoilette ließ bis 1998 auf sich warten.

 Einige Tipps für Aberdeen

• Die Pubs: The Stag und The Grill Whiskybar liegen in direkter Nachbarschaft. Keine 10 Minuten entfernt sind Prince of Wales und Ma Cameron's, Aberdeens ältester Pub voller Ecken und Winkel. The Globe Inn hat das beste Pub-Essen.

• Die Restaurants: Travancore (indisch), Café 52, Moonfish, Gidi Grill (african caribbean), Amarone (italienisch), Foodstory (vegan). Am Hafen: Die Fittie Bar und The Silver Darling Fischrestaurant.

• Für Selbstversorger: Gute Metzgerei Chattan Quality Meats.

• Hoteltipp. In Aberdeen hatten wir ein Zimmer im Lochnagar Guest House (bei Booking*) mit gutem Preis und Top-Bewertungen. Ruhige Wohngegend, gute Lage, helles Zimmer mit dickem Teppich (aber sehr gepflegt), neues Bad. Zwei Häuser teilen sich Parkplätze.

Stadtansichten Aberdeen

Text: Edel Seebauer. Fotograf: Jürgen Mahler

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