Norwegen Roadtrip Teil 1: Südnorwegen | Kristiansand - Setesdal - Vøringsfossen
Ein Norwegen Roadtrip bis zu den Lofoten
„Es ist lang, dieses Land, und der Großteil ist Norden", schrieb der norwegische Dichter Rolf Jacobsen in einem berühmten Gedicht. Es ist ein langer Weg, einer der besten Roadtrips überhaupt, ein Traum für Outdoor-Fans und Wohnmobilisten. Unser VW-Bulli ist gepackt und bereit für das Abenteuer. Wir wollen bis zu den Lofoten. Erst der Rausch der Landschaft, dann Oslo, die hippe Trendmetropole des Nordens.
Von der Südküste Norwegens durch das naturschöne Setesdal zum Wasserfallspektakel 'Vøringsfossen'
Hier beschreibe ich die schönsten Etappen unserer Norwegen-Rundreise, zeige die Highlights und teile unsere Tipps und Erfahrungen – und natürlich die besten Campingplätze. Alles Wissenswerte für die Reiseplanung und unterwegs haben wir auf einer Extra-Seite zusammengefasst: von Fähren und Mautgebühren über die Routenplanung und das Camping – und manch Interessantes am Rande.
Etappe I: Kristiansand – Setesdal – Hardanger – Vøringsfossen: 420 km | 2 ÜN (freistehend)
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Mitte Mai. In Hirtshals, am Ende Dänemarks, setzen wir mit der kürzesten Fähre nach Norwegen über. Knapp vier Stunden später rollen wir in Kristiansand von der 'Fjord Line' und nehmen direkten Kurs nach Norden. Kaum aus der Stadt heraus, die erste Begegnung mit Norwegern, die Polizei hält uns zur Alkoholkontrolle an – es sollte bei dieser einen bleiben.
Das erste Elchschild lässt uns schmunzeln. Wir kommen in das naturschöne Setesdal, in dem viele alte Gehöfte die Zeiten überdauert haben. Ein 200 km langes, dünn besiedeltes Tal mit wunderschönen Berglandschaften, Seen und Birkenwäldern. Ein hyggeliger Flecken und kaum Verkehr. Ein ständiger Begleiter ist der Flusslauf der Otra, mal ruhig, mal wild, mal Fjord, mal See. Auf den Wartehäuschen für den Bus wachsen schon kleine Bäume. Wir genießen die Fahrt und das sommerliche Wetter. Zum Anhalten gibt es immer einen Grund. Und dann die vielen schönen Rastplätze!
Am Syrtveitfossane donnert die Otra über die Stromschnellen. Über die Steinmauer kommt man der Kraft des Wassers ganz nahe. Direkt davor ist ein Rastplatz.
Am nächsten Rastplatz Honnevje wartet ein herrlicher Naturbadeplatz. Zu kalt für uns, aber eine junge Wandergruppe entledigt sich sofort ihrer Kleidung und taucht ins eiskalte Wasser. Norweger sind alle abgehärtet. Im Buch Gebrauchsanweisung für Norwegen* (unbedingt lesen!) heißt es: Im Winter stellen sie die Kleinen morgens vor die Tür und am Abend sammelt man die "Schneemänner" ein, die sich bewegen. Wer ein Frisbees dabei hat: Nebenan ist die öffentliche Valle DiscGolfBane. Mit Frisbee Discs wird ähnlich wie beim Golf mit möglichst wenigen Würfen in Fangkörbe gespielt.
In Bykle steht diese schöne Kirche gleich an der Straße. Mit nur 11 Metern ist sie eine der kleinsten Kirchen Norwegens. Ihre Rosenmalereien bleiben uns verborgen, denn wie so vieles in Norwegen ist sie nur im Sommer geöffnet. Gegenüber liegen die knorrigen alten Bauernhäuser des hiesigen Freilichtmuseums, von der Anhöhe aus hat man einen schönen Blick auf die alte Bykle Kirche.
WOHNMOBIL-STELLPLATZ: Für die erste Nacht finden wir einen besonderen Stellplatz mit Blick über den Stausee, auf dem ein glitzerndes Puzzle aus Eisschollen treibt. Auf dem Parkplatz der Staumauer haben wir den Sonnenuntergang für uns. Vatnedalsvatnet-Damm Parkplatz, 4 km Abstecher von der Hauptstraße.
Immer wieder fahren wir an schön gelegenen Campingplätzen vorbei, von denen Mitte Mai vielleicht die Hälfte geöffnet waren. Ins Setedal kommen vor allem Norweger in den Ferien. Schöne Campingplätze sind z.B. Odden Camping, Støylen Camping oder Lofthus Camping.
Auch am Rastplatz Steinsland an der Hauptstraße kann man am schönen Bachlauf stehen.
Bei Hovden im oberen Setesdal sind wir bereits auf 800 Metern Höhe. Es herrscht Flaute, man lebt vom Wintertourismus. Im Extra-Supermarkt interessieren mich mal die norwegischen Preise. Ich komme mit einem günstigen Einkauf wieder raus. Die Qualität ist in Norwegen immer gut, auch bei den günstigen Eigenmarken der Discounter: Räucherlachs, Erdbeeren aus Holland, Kaviar-Rogen-Aufstrich für 76 NOK, rund 6,60 Euro.
Unsere leckere Mittagsjause am Latefossen!
Unmerklich sind wir auf über 1000 Meter Höhe gestiegen und es ist merklich kälter. Wir durchfahren eine weite, schneebedeckte Fjelllandschaft. Die Schneeschmelze dauert hier noch den ganzen Juni an. Das Hotel Haukelifjell ist nicht zu übersehen. Kurz danach bietet sich die DNT Berghütte Haukeliseter Fjellstue an, um eine Rast einzulegen. Tipp: die Bakeri Nansen hat tolles Gebäck und Steinofenbrot (war leider noch geschlossen).
Røldal. Es folgt eine faszinierende Abfahrt hinunter nach Røldal, das idyllisch am See liegt. Schon von oben ist die berühmte Stabkirche der alten Bergbauernsiedlung zu sehen. Die reich verzierte Kirche wurde um 1200 erbaut und ist noch heute die Pfarrkirche von Røldal.
Norwegens schönste Wasserfälle im Visier
Gespannt sind wir auf den Låtefossen. In einer halben Stunde soll er kommen und wir fahren schon langsam, um nicht dran vorbei zu rauschen. Nach einer engen Kurve kommt er wie aus dem Nichts und stützt auf eine Steinbrücke zu. Wir steuern schnell den Parkplatz an und haben Glück, nicht immer gibt es eine freie Parklücke. Halten oder Wenden ist auf der Bergstraße kaum möglich.
Der Låtefossen ist ein Naturwunder, ein Zwillingswasserfall. Hier stürzen zwei getrennte, mächtige Wasserläufe aus dem Låtevatnet-See 165 m ins Tal und vereinen sich auf halber Strecke zum spektakulären Wasserfall vor uns. Ein bizarrer Anblick mitten in der Gischt ist das Kioskhäuschen direkt an der Straße.
'Geheimweg' zum Låtefossen. Überquert man die Brücke nach rechts (wo wir erstmal eine Dusche abbekommen), gelangt man auf einen Pfad, der zu mehreren Aussichtspunkten am Wasserfall führt. Er ist nicht ausgeschildert, da man Touristenmassen vermeiden will. Oben wird der Weg nass und rutschig, riskant für Selfie-Knipser. Unten herrscht reges Treiben, hier oben sind wir ganz allein und erfreuen uns am Regenbogen.
Ein Teil der Hardanger Landschaftsroute führt an einem Seitenarm des Hardangerfjords mit Gletschern, Bergen, Wasserfällen und den größten Obstplantagen Norwegens entlang.
Preiswerter Übernachtungstipp
Das Hardanger Hostel B&B* (angeboten auf Booking.com) liegt idyllisch im Obstbauerndorf Lofthus mit Blick auf den Fjord und bietet auch Doppelzimmer.
Norwegen Reiseführer Empfehlungen
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Der Umfassende. Der Reise Know-How Norwegen von Martin Schmidt ist der beste umfassende Reiseführer für ganz Norwegen, gut recherchiert mit einer Fülle von Informationen und Hintergrundwissen. Er ist auch für Camper gut geeignet, da er überall Campingempfehlungen gibt. 816 Seiten, Amazon* Blick ins Buch.
Lofoten Spezial.
Ebenfalls von Martin Schmidt ist das Reise-Know-How InselTrip Lofoten erschienen: mit Insel-Faltplan und kostenloser Web-App. Amazon*.
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Auf zum majestätischen Vøringsfossen!
Wir fahren westwärts zu einem der Höhepunkte Norwegens, 30 km durch das Måbødalen, eine etwas beklemmende Schlucht mit steilen Felswänden. Das letzte Stück führt durch einen Kehrtunnel hinauf zum Vøringsfossen, wo gewaltige Wassermassen von der Hochebene Hardangervidda herabstürzen. Das Fjellplateau ist die größte Hochebene Europas und wurde 1979 zum winterweißen Schlachtfeld einer Star-Wars-Episode.
Kein Wasserfall ist so beeindruckend wie der epische Vøringsfossen. Über 180 Meter stürzt er in die Tiefe eines Talkessels. Von der Aussichtsplattform beim Hotel Fossli kann man seine majestätische Größe am besten erfassen und still staunen. Die spektakuläre Panoramabrücke über dem Wasserfall scheint förmlich in der Luft zu schweben. Wir lassen uns Zeit, betrachten das Naturschauspiel von verschiedenen Aussichtsplattformen, jede bietet ihren eigenen Blickwinkel. Auf einer Bank genießen wir den Anblick bis in den Abend mit einem Sundowner.
Beste Tageszeit für einen Besuch am Vøringsfossen ist der Nachmittag, wenn die Schlucht im Licht liegt. Mindestens eine Stunde sollte man für den Rundgang einplanen. Im Sommer muss man mit großem Andrang rechnen. Die modernen Erweiterungen sind nicht unumstritten. Soll man die Schönheit der Natur stören, um den Besuchern das Naturwunder so nahe wie möglich zu bringen?
Im Hotel Fossli war Edvard Grieg Stammgast. Das Jugendstilhotel liegt direkt am Aussichtspunkt über dem Wasserfall mit fantastischer Aussicht über das Måbøtal. Es wurde 1891 erbaut, 25 Jahre bevor es eine Straßenverbindung gab. Hotel Fossli Preise & Bewertungen Booking.com*
Voringsfossen Aussichtsplattformen, luftige Stege und eine Treppenbrücke über die Schlucht.
Stellplätze Vøringsfossen Besucherparkplatz. Wohnmobile können über Nacht kostenlos auf dem großen Besucherparkplatz parken, (ohne Sicht, Toiletten vorhanden). Einige Wohnmobile haben es sich etwas oberhalb auf einem unbefestigten Platz gemütlich gemacht. Der große Vorteil hier zu übernachten: Man kann den Wasserfall morgens und abends ohne Menschenmassen erleben.
Halt in Eidfjord. Auf dem Hin- oder Rückweg zum Vøringsfossen lohnt sich ein Zwischenstopp im gemütlichen Eidfjord, das einladend am Ende des Hardangerfjords liegt. Von hier aus lassen sich die Wasserfälle, der Hardangerfjord und die Hardangervidda gut erkunden.
Tipp: Eine unterhaltsame Abwechslung sind die humorvollen Wichtel- und Trollbilder von Nils Bergslien in der Galerie im historischen Vøringfoss Hotel. Und das Brot und Gebäck im Vik Café sind erstklassig!
- Das kleine Hotel Gjestgiveri ist das 'hyggeligste' Hotel in Ovre Eidfjord am See. Bewertungen & Preise s. Booking.com*.
- Das Hotel Vøringfoss* (Foto unten) ist das Traditionshaus in Eidfjord mit Blick auf den Hardangerfjord.
Hipp Hipp Hurra! 17. Mai – Norwegen im Nationaltaumel
Der norwegischste Tag des Jahres ist der Nationalfeiertag am 17. Mai. Die filigrane Hängebrücke Hardangerbrua bringt uns auf die andere Seite des Fjords nach Voss, der nächstgrößeren Stadt, in der wir uns unter die Feierlichkeiten mischen wollen.
Am 17. Mai, dem Tag der Verfassung, wünschen sich die Norweger gegenseitig "Gratulerer med dagen!" Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! und Jung und Alt legen ihre Nationaltracht 'Bunad' an. Im ganzen Land herrscht Volksfeststimmung mit Kinderumzügen, Musikkapellen und vielen strahlenden Gesichtern. Unter lautem Jubel rufen die Kinder unermüdlich „Hipp hipp hurra“, „Hipp hipp hurra“, schwenken Norwegen-Fähnchen und essen Eis, viel Eis. Es ist der Tag, an dem sich jedes Kind so richtig mit Eis und Waffeln voll schlemmen darf – und sich immer daran erinnern wird. Kulinarisch begehen die Norweger den Festtag mit Sektfrühstück, Unmengen von Pølser (Hotdogs), Softeis und üppigen Torten.
Man sagt: Wo immer auf der Welt mehr als zwei Norweger leben, kommen sie am 17. Mai zusammen und feiern. Auffällig ist, dass in Norwegen jedes Haus einen Fahnenmast hat– in Deutschland unvorstellbar. Nicht nur zu Festtagen wird stolz "Flagge" gezeigt.
Und noch ein besonders schöner Wasserfall. Der Tvindefossen, 10 km nördlich von Voss, liegt gleich an der Straße. Über eine hohe Felswand stürzt er in mehreren Strängen besonders fotogen in die Tiefe.
Die nächste Etappe führt zum Nærøyfjord und Aurlandsfjord.
Von Edel Seebauer | Fotograf Jürgen Mahler
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(2 Fotos depositphotos.com/de)
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