Große Chile Reise Teil 7 – Puerto Natales

Puerto Natales, das Städtchen am Torres del Paine ist aufgeblüht

Das angenehme Städtchen Puerto Natales liegt an einem Meeresarm umgeben von Fjorden und Gletschern und ist mit den Jahren immer attraktiver geworden. Die Trekking-Touristen haben die Schafzüchter abgelöst. Fast das ganze Jahr über lockt der Nationalpark Torres del Paine Reisende ans schönste Ende der Welt. Während der Sommermonate schwillt das Leben in dem farbenfrohen Ort förmlich an.

Puerto Natales am Fjord der letzten Hoffnung
Puerto Natales mitten im Nirgendwo am Fjord 'der letzten Hoffnung'

Bunte Häuser reihen sich Schulter an Schulter. Sie beherbergen kleine Läden, Cafés oder Bäckereien, dazwischen chillen Wanderer in gemütlichen Hostels. Das Stadtbild folgt einem Schachbrettmuster mit breiten Straßen, die alle zum Seno Última Esperanza führen. 'Fjord der letzten Hoffnung' taufte ihn der spanische Entdecker Ladrillero, als er 1557 im Gewirr aus Inseln und Wasserwegen verzweifelt die 'Magellanstraße' in entgegengesetzter Richtung suchte und die Durchfahrt nicht fand. Auch andere Namen zeugen von seiner Frustration, wie der 'Verstopfte Fjord' oder der Seno Poca Esperanza, 'Fjord Geringer Hoffnung'.

Puerto Natales am Fjord

Bronzepaar 'Amor al viento' Promenade Puerto Natales
Das Bronzepaar 'Amor al viento' an der Promenade – eine Hommage an die patagonischen Winde
Vorstadt von Puerto Natales
Am Stadtrand von Puerto Natales, es könnte auch ein Ort in Alaska sein

 

Puerto Natales hat eine wilde Vergangenheit. Nachdem die Stadt der Schafzüchter mitten im Nirgendwo gegründet war und dort eine der größten Schlacht- und Verarbeitungsgesellschaften der Welt entstand, wurde sie schnell zum Sammelbecken Arbeitssuchender, Glücksritter und Kleinkrimineller aus der ganzen Welt. In dem Ort voller Schlachthöfe, Fischfabriken und Gestank waren Alkohol, Schlägereien und Prostitution die einzige Ablenkung. Am Wochenende war das Wettschlachten von Robben ein beliebter Zeitvertreib bis 1912 der Fußballclub 'Letzte Hoffnung' gegründet wurde und man sich am Gegner abreagieren konnte.

 

Puerto Natales war die letzte Station für die Schafherden, die die Briten mit Wolle und Lammfleisch versorgten. Von den riesigen Weideflächen wurden sie ins 'Frigorifico Bories' gebracht. Aus der damaligen Schafverarbeitungs- und Kühlfabrik mit einer post-viktorianischen Industriearchitektur wurde ein außergewöhnliches Hotel mit Museum, das man gesehen haben muss. 

'The Singular' Hotel in Puerto Natales
'The Singular' in Puerto Natales

Museum & Designhotel 'The Singular'. Schlafen im Kühlhaus. 

Die Industrieanlage des 'Frigorifico' wurde im Jahr 1915 von den Briten gebaut und war fast sechzig Jahre lang voll in Betrieb. Nach einer zehnjährigen Restaurierung wurde daraus 2011 ein einzigartiges Luxushotel. Das vorbildlich konservierte Industriedesign ist ein Nationaldenkmal und Besucher sind willkommen, das Hotel und Museo Historico zu besuchen.

 

Die Empfangsdame schickt uns mit der Zahnradkabine runter ins 'Museum'. Zwischen dem ursprünglichen Mauerwerk stehen die alten Dampfmaschinen und Kessel. Die Schafe der Estancias, bei voller Auslastung 250.000 pro Jahr, wurden in dem Fabrikkomplex aus Schlachthof, Schafschuranlage, Wollwäscherei und Gerberei verarbeitet, die Wolle und das Fleisch anschließend nach England verschifft. Von der Empore schauen wir auf das Treiben in der einstigen Gerberei, in der heute das hallengroße Restaurant einen glamourösen Greenaway-Filmset abgeben würde. Unsere Tour beenden wir in den tiefen Barsesseln und bestellen einen gepflegten Pisco Sour. 

  • Museo Historico e Industrial Puerto Bories.
  • The Singular (Angebot auf Booking.com) ist das herausragende Hotel Puerto Natales. Die Hotelzimmer mit bodentiefen Fenstern und Meerblick erstrecken sich über einen neuen, modernen Flügel. Das Essen soll exzellent sein. Das Aktivitäten-Angebot (Reiten, Fliegenfischen, Kayaking, Wandern) geht bewusst weg vom Torres del Paine und mehr ins unentdeckte patagonische Umland. Das Hotel liegt am Puerto Bories, 4km nördlich vom Stadtzentrum.

 

Unsere Unterkunft in Puerto Natales 'Cabañas Kauken' liegt 10 Minuten außerhalb der Stadt in Richtung Nationalpark, wo Wellblechhütten und Pickups an Orte in Alaska erinnern. Vom Bett aus schauen wir auf eine windgepeitschte Pampa, über die Pferde voller Lebenslust galoppieren. Bei guter Sicht sehen wir sogar den Balmaceda Gletscher. Das Highlight ist der mit Holz beheizte private Hot Tub, den Besitzer David jeden Nachmittag anfeuert, damit das Wasser genau zur Rückkehr heiß ist. (zwei Holzbungalows mit Hot Tub, ein weiterer mit Sauna).

 

Die Cabaña (50m²) mit einem großen Schlafzimmer und Hot Tub ist perfekt für ein romantisches Cocooning zu zweit. Die größere Cabaña (4 Pers / 75m², ebenfalls mit Hot Tub), eignet sich am besten für Familien. Das geteilte en-suite Bad erreicht man nur über das große Schlafzimmer (das sollte man vorher wissen). Das kleinere 2-Bett-Zimmer liegt offen zur Frühstücksküche mit Kühlschrank, Teekocher, Toaster und Geschirr (ohne Kochgelegenheit).

 

Inklusive ist ein im Kühlschrank abgepacktes Kontinentales Frühstück. Wir haben nach unseren Wünschen noch etwas eingekauft. Don David ist ein Perfektionist, bei der Ankunft werden die Hausregeln von Google Translate vorgelesen. Er ist extrem hilfsbereit und kümmert sich um jedes noch so kleine Problem. Die Cabañas werden täglich gereinigt und auf Wunsch auch Ausritte oder Bootstouren organisiert. Gebucht haben wir Cabañas Kauken über Booking.com. (Fotos Cabaña 2 Personen, 50m²).

Ausblick von Unterkunft Cabañas Kauken, Puerto Natales
Blick von den Cabañas auf Puerto Natales und den Fjord

 

Torres del Paine Nationalpark-Touren ab Puerto Natales.

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Standort Puerto Natales oder doch Torres del Paine?

IN DER STADT. Die sympathische Stadt Puerto Natales liegt rund 90 Autominuten vom Nationalpark entfernt und dient den meisten Besuchern als Quartier. Der Ort bietet alles für einen angenehmen Aufenthalt, dazu ein großes Angebot an Unterkünften. Eine vergleichbare Unterkunft kostet etwa nur ein Viertel so viel wie innerhalb des Nationalparks. In den Park fährt man dann jeden Tag entweder mit dem Mietwagen (1h30) oder Bus (2h) rein und wieder raus. Dafür kann man in der Stadt gut und erschwinglich essen, ausgehen und alles einkaufen. Es gibt Supermärkte, Bäckereien, Banken & ATM, Apotheken, Ärzte, Sport & Outdoor Equipment, Tankstellen. 

  • Puerto Natales besitzt eine große Auswahl an sehr gut bewerteten Unterkünften, ob Designhotel, B&B, Apartment oder Hostel. Die bestbewerteten im Überblick auf Booking.com.

 

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Essen & Trinken in Puerto Natales

Einkaufen. Im größten Supermarkt der Stadt decken wir uns wie alle mit Proviant für den Torres del Paine ein. Am späteren Nachmittag um sechs ist der Unimarc ein Bienenkorb. Nachdem man aus geplünderten Regalen gegriffen hat, was noch da ist, sind 30 Minuten an der Kasse anstehen noch kurz. Die Qualität ist nur mäßig, besser soll der Supermercado Superfruit sein. 

  • Brot kauft man besser in der Bäckerei, sehr gut ist Emporio Los Panaderos mit einem guten Brotsortiment (sogar dunkles Bauernbrot), Gebäck, Kuchen und Empanadas. Preislich teurer, aber gegen Abend auch fast leergekauft. Eine empfohlene Konditorei ist El Pibe. 
  • Empanadas Margarita. Die verschieden gefüllten Empanadas eignen sich perfekt fürs Picknick oder als Wanderproviant für den Park.

Unsere Restaurant Besuche

Afrigonia. Fusion in Puerto Natales. Fragt man nach dem besten Restaurant in der Stadt, ist häufig die Antwort Afrigonia. Ein Sambier und eine Chilenin verschmelzen die Aromen ihrer Heimat zu einer afrikanisch-patagonischen Fusion-Küche. Schon beim Eintreten vermittelt der Raum Wärme und Gemütlichkeit. Das Lachs-Ceviche ist himmlisch mit Mango, Limettensaft, Kokosmilch und Kreuzkümmel abgeschmeckt. Der Centolla Königskrabbensalat wird mit Calafate Beeren serviert. Auf der Fleischseite sind die absoluten Renner die gegrillten Lammkoteletts mit Minzsoße und das Filet Mignon. Reservierung empfohlen.

 

Eat & meet. Das Base Camp ist der Treff in Puerto Natales mit einer lässigen, wohligen Atmosphäre. Bis spät in den Abend schlagen hier Hikers und lokale Guides auf und tauschen sich aus bei einem Austral Calafate oder einem der Craft Biere. Pizza, Tacos und frische Salate sind auch richtig gut zu vergleichsweise vernünftigen Preisen. Nur Barzahlung und erst abends geöffnet. 

 

La Guanaca Pizzeria. Hier wird eine richtig gute Holzofenpizza gebacken mit Toppings von hoher Qualität, interessant lesen sich Königskrabbe oder Guanaco Pastrami. Es gibt auch Pasta und Salate und eine Auswahl an patagonischen Bieren. Einige meinen, dies sei die beste Pizza der Stadt, andere mögen die einfachere, herzhafte im Base Camp lieber.

 

Lenga Restaurant. Hätten wir noch einen Abend gehabt, wären wir ins allseits beliebte Lenga gegangen. Das rustikale Holzhaus lässt nicht auf die Küche schließen: 'Cocina Chilena Contemporanea'. Hier werden klassische chilenische Gerichte mit frischen lokalen Produkten kreativ und modern zubereitet. Es gibt die Cazuelas, wärmende, kräftige Eintöpfe wahlweise mit Guanaco, Chorizo oder Meeresfrüchten. Auch der herzhafte Maisauflauf Pastel de Choclo fehlt nicht. Und natürlich steht das patagonische Lamm immer auf der Karte, aber auch Guanaco Steak und Ceviche. Angenehme Preise für solch eine Qualität. Unbedingt reservieren! Bewertungen, Lage & Öffnungszeiten Google Map.

Große Aufregung um das Riesenfaultier

Das urzeitliche Riesenfaultier ist das Wappentier von Puerto Natales. Von der Verkehrsinsel grüßt uns aufrecht das Mylodon, das einmal weltweit für Aufregung sorgte. Sein Entdecker war der deutsche Kapitän und Abenteurer Hermann Eberhard, der die seinerzeit noch unentdeckte Region für die Schafzucht erschloss. 1896 fand er in einer Höhle bei Puerto Natales die Überreste eines längst ausgestorbenen Bodenfaultiers. Irritierend waren nur seine seltsam frisch erscheinenden Hautstücke. Es roch nach einer wissenschaftlichen Sensation, die sich in Windeseile verbreitete. Gleich mehrere Expeditionen machten sich auf den Weg nach Patagonien, auf die Suche nach dem lebenden Riesenfaultier. Selbst der Besitzer des Daily Express schickte einen Abenteurer los, der fürs Boulevardblatt das Tier jagen sollte. Erst 50 Jahre danach ließ sich durch die Datierungsmethode feststellen – diese Haut ist 10.000 Jahre alt.

Die Überreste werden heute u.a. im British Museum aufbewahrt, aber auch im Museum von Punta Arenas (Beitrag unten) haben wir ein Stück Mylodonhaut mit Fell und sogar eine Klaue gesehen. Angeregt von einem solchen Stück Haut, das seine Großmutter besaß, begab sich der Reiseschriftsteller Bruce Chatwin 1974 auf seine berühmte Patagonien Reise (Reisebuch-Klassiker). Weniger eindrucksvoll ist das Glasfasermodell, das heute in der Mylodon-Höhle die Besucherscharen empfängt, doch die Umgebung ist sehr reizvoll.

Reste des Riesenfaultiers Milodon im kuriosen Museum in Punta Arenas
Reste des Riesenfaultiers im kuriosen Museum in Punta Arenas

Anreise Torres del Paine / Puerto Natales

  • Unsere Reisezeit Mitte November. Hauptsaison ist der patagonische Sommer Dezember – Februar.
  • Punta Arenas ist der Hauptflughafen für Nationalpark-Besucher, der täglich mehrmals angeflogen wird (nur Inlandsflüge). Er liegt 250km südlich von Puerto Natales.
  • Von Punta Arenas nach Puerto Natales ist der Bus die billigste Option. Busse fahren vom Flughafen wie von der Stadt. Fahrtzeit 3 Stunden (250 km), fast stündlich fährt Buses Fernández.

 

Von Edel Seebauer / Fotograf Jürgen Mahler

Wenn der Bericht gefallen hat, freue ich mich über einen Eintrag ins Gästebuch.

 

 

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