Von Alta Badia ins Skiuniversum des Dolomiti Superski

Von Jürgen Mahler

Sellaronda Plus: Verlockende Skihänge abseits der Runde

Legendäre Weltcupstrecken wie Saslong und Gran Risa – epische Abfahrten von der Marmolada oder der Seceda – abenteuerliches Freeriden im Mittagstal – knackige Pisten wie am Vallon oder an der Porta Vescovo. Für ambitionierte Brettlfans sind das alles herrliche Abstecher von der Sellaronda-Skirunde. Nicht alle an einem Tag, damit genügend Zeit bleibt, die wundervolle Natur der Dolomiten zu genießen und am Ende des Skitages rechtzeitig ins Basislager nach Alta Badia zurückzuschwingen.

Porta Vescovo Skihang - Sellaronda - Dolomites
Hinab von der Porta Vescovo mit Frontalblick auf die Sella
Fanesgruppe, Tofane - Dolomiten
Blick auf die Fanesgruppe und Tofane
Skipiste am Belvedere vor dem Sass Becé Bergstock
Abschwingen am Belvedere vor imposanter Kulisse des Sass Becé
Ausblick auf der Sellaronda - Dolomiten
Die Landschaft genießen an der Porta Vescovo
Fedaia-Stausee - Marmolada - Dolomiten
Auf der "Bellunese" hinab zum Fedaia-Stausee

 

Kein Halligalli, in den Dolomiten dominieren Landschaft und Sport.

Der Weg von München nach Südtirol ist geradezu gepflastert mit attraktiven Skigebieten: Kitzbühel, Zillertal, Stubai, um nur die bekanntesten zu nennen. Warum also den weiten Weg über den Alpenhauptkamm auf sich nehmen?

 

Erstens, weil die Dolomiten zu den größten Naturschönheiten der Alpen, wenn nicht sogar zu den spektakulärsten Gebirgslandschaften der Welt zählen und weil das Erlebnis, in dieser Landschaft Ski zu fahren, kaum zu übertreffen ist.

 

Zweitens, weil die Südtiroler – im Gegensatz zu ihren Tiroler Nachbarn – den Après-Ski-Exzessen keine Chance geben. Vielleicht ist das wenig bekannt, aber in Italien drohen schon ab 0,5 Promille auf der Piste empfindlich hohe Geldstrafen. Skifahrer, für die der Sport und der Genuss der Landschaft im Vordergrund stehen, wissen es zu schätzen, dass sie in den Dolomiten nicht mit Ballermann-Musik und alkoholisierten Après-Ski-Partylöwen belästigt werden.

Edeltweisstal - Sellaronda, Dolomiten
Abstecher von der Sellaronda ins Edelweisstal

 

Alta Badia, zuhause bei den Ladinern.

Die kürzeste Anfahrt für Wintersportler, die über den Brenner anrollen, ist das Grödnertal (Val Gardena). Wir nehmen aber ein paar Extrakilometer gerne in Kauf und reisen ins beschaulichere, weniger verbaute Gadertal (ital. Val Badia oder Abteital), an dessen südlichen Ende sich der Tourismusverbund Alta Badia (Hochabteital) befindet. Die Orte Alta Badias sind entweder direkt an die Sellaronda angeschlossen (Corvara und Colfosco) oder lifttechnisch verbunden (Badia, Stern/La Villa und St. Kassian). Die Ortsnamen können verwirrend sein. Hier leben die Dolomitenladiner, es herrscht ladinisch-deutsch-italienische Dreisprachigkeit. Die Ladiner sind jenes romanische Urvolk, das in mehreren Dialekten mit den Schweizer Graubündnern zur rätoromanischen Sprachgruppe gehört. Lasst Euch also nicht verwirren: Alta Badia alias Hochabteital alias Hochgadertal, oder Badia alias Abtei, oder La Ila alias La Villa alias Stern.

Heiligkreuzkofel - Badia - Dolomiten
Mächtig drohnt der Heiligkreuzkofel über Badia
Skipiste Col Pradat, Edelweisstal, Sellaronda
Früh übt sich am Col Pradat

 

Super-duper Dolomiti Superski. 

Ein großer Vorteil von Alta Badia gegenüber dem Grödnertal ist die Möglichkeit, in Tagesausflügen einmal die olympische Tofana im mondänen Cortina d’Ampezzo oder die Idealpiste Ried am Kronplatz hinunterzufahren. Auch die imposante Abfahrt vom Lagazuoi nach Armentarola ist von Alta Badia aus schnell zu erreichen. Alle Skigebiete gehören zum Verbund Dolomiti Superski. Das „Super“ im Namen ist hier absolut angebracht: Ein Liftverbund von insgesamt 12 Dolomitenregionen, deren Lifte und Pisten mit einem einzigen Skipass genutzt werden können. Ein Skipass, 450 Aufstiegsanlagen und 1.200 Pistenkilometer – genug für ein ganzes Skifahrerleben. 

Skipiste am Vallon – Sellaronda – Dolomiten
Am Vallon – Ostseite des Sellastocks

 

Der berühmteste Part von Dolomiti Superski ist sicherlich die Sellaronda, die auf 26 Pistenkilometern im oder gegen den Uhrzeigersinn rund um den Sellastock führt.

Das Rückgrat der Sellaronda bilden die Skigebiete von Alta Badia, Gröden, Fassatal und Arraba, deren Täler aus vier Himmelsrichtungen auf den Sellastock stoßen und durch Pässe miteinander verbunden sind. Die Natur rund um den Sellastock hat ideale Voraussetzungen für ein Skikarussell geschaffen. Die Sellaronda Skirunde, die durch Bergbahnen nahtlos verbunden ist, hat sich freilich erst im Laufe der Zeit entwickelt. Man stelle sich vor, wie es früher war: Jeder Bauer hatte seinen eigenen Lift mit eigenem Ticket. Die Aufstiegsanlagen waren nicht aufeinander abgestimmt, der Nachbar war Konkurrent, jenseits des Passes war eine andere Welt. Früher trug man die Skier von der Bergstation vollends zum Grödner Joch hinauf, um auf der anderen Seite nach Corvara abzufahren oder man nahm Bus oder Taxi zwischen Arabba und Pordoijoch. Musste man noch vor wenigen Jahren die Skier geschultert durch Arabba stiefeln, um die Runde fortzusetzen, schwebt man heute bequem im Sessellift über Ort.

Skiläufer am Belvedere – Sellaronda – Dolomiten
Blick vom Belvedere auf Langkofel und Co

 

Einstieg an der Gran Risa in La Villa.

Wer in Badia (Abtei) logiert, kann entweder direkt in Corvara in die Sellaronda einsteigen oder, eleganter und schneller auf Skiern, mit der La Ila Kabinenbahn in La Villa. Zur Seilbahn La Ila gelangt man – etwas umständlich aber dafür per Ski – mit zwei Sesselliften über das Skigebiet Gardenaccia oder mit dem Skibus. Wir ungeduldigen Ski-Aficionados fahren mit dem eigenen Auto in fünf Minuten zum (gebührenpflichtigen) Parkplatz der Kabinenbahn Piz La Ila. Dort schweben wir hinauf und blicken von oben auf die berühmte Riesenslalomstrecke Gran Risa, die in einem langgezogenen S durch eine Waldschneise führt. Sieben Stunden später, kurz vor Feierabend, werden wir an diesem fordernden Hang unsere letzten Körner verbrauchen. Oben angekommen gibt es zwei Möglichkeiten, die Sellaronda zu erreichen. Entweder mit der Meute direkt nach Corvara hinunter oder – und das bietet sich an, wenn man die Sellaronda im Uhrzeigersinn umrundet oder zur Marmolada aufbricht – über mehrere Liftverbindungen und damit etwas zeitaufwendiger, aber dafür mutterseelenallein über die sanften Hänge und das grandiose Panorama der Pralongía-Hochebene zum Passo Compolongo gleiten.

 

Wer dennoch in Corvara im Uhrzeigersinn in die Sellaronda einsteigt, sollte sich die herrlich in der Morgensonne liegende Piste am Vallon nicht entgehen lassen. Dort kann man getrost den ersten Pulk der Sellarondisten an sich vorbeiziehen lassen. Wohl dem, der früh startet und genügend Zeit für diese brilliante Nebenstrecke hat.

 

Gran Risa Weltcupstrecke - Alta Badia - Dolomiten
Gran Risa - Weltcup Riesenslalomhang vor dem Felsmassiv Sassongher
Dantercepies – Skigebiet – Wolkenstein
Sessellift am Dantercepies am Grödner Joch
Marmolada Gipfel – Dolomiten
Blick vom Marmolada Gipfel

Offiziell wird die Dauer der Sella-Skirunde mit drei bis vier Stunden angegeben.

Bei 26 Pistenkilometern geht das sicherlich auch schneller, aber wozu die Eile, der Reiz der Runde liegt schließlich in den vielen Möglichkeiten, Abstecher einzubauen und nicht zu vergessen, einmal in einer der vielen Hütten einzukehren. Übrigens: Beim legendären SellaRonda Skimarathon schaffen die es die besten Skitourengeher in drei Stunden – ohne Benutzung der Aufstiegsanlagen versteht sich.

Sellajoch - Sellarona - Dolomites
Einkehr am Sellajoch
Puerta Vescovo - Sellaronda - Dolomites
Gondel zur Porta Vescovo mit Blick auf den Sellastock
Marmolada Abfahrt La Bellunese - Dolomiten
Abfahrt von der Marmolada auf der 12km langen "La Bellunese"

 

Ein Ausflug auf die Marmolada, mit 3.342 m der höchste Berg der Dolomiten, gehört zweifellos zum Pflichtprogramm eines jeden Skiurlaubers in Alta Badia. 

 

Wir haben diesen Abstecher bewusst nicht mit einer Sella-Runde am selben Tag kombiniert. Längere Wartezeiten in Arabba (hier war nur die Gondelbahn zur Porta Vescovo in Betrieb) und vor allem in Malga Ciapela, wo die Pendelbahnen zur Marmolada starten, lassen eine stressfreie Durchführung beider Touren kaum zu. An der Bergstation der Marmolada sollte man zunächst in aller Ruhe das grandiose Panorama genießen, bevor man sich auf die „Bellunese“, mit 12 km eine der längsten Abfahrten der Alpen, begibt.

 

Abgerundet wird unser Skitag durch einige Abfahrten auf den schwarzen Nordhängen an der Porta Vescovo. Hier lag zum Beispiel auf der Piste Nr. 3 sehr griffiger Schnee (Portados Kabinenbahn). Insgesamt hatten wir eine unterdurchschnittliche Schneelage und somit am Nachmittag mit Buckel durchsetzte, glatt polierte Kunstschneepisten. Gut, dass wir vorher beim Service unsere Kanten mit dem Skilehrerschliff 87˚/0,7˚ hatten schleifen lassen. Wenn der Skitag dann noch Platz hat, lohnen sich die weiten Hänge am Belvedere allemal. Allein auf weiter Flur carvten wir dort die schwarz markierte Piste Nr. 9 in Richtung Pecol hinunter. 

Marmolada - Ausblick auf Langkofel und Alpenhauptkamm
Grandioser Blick von der Marmolada auf Langkofel und den Alpenhauptkamm im Hintergrund

 

Zum Freeriden im Mittagstal fehlte Schnee.

Auf dem Weg zum Belvedere schaue ich am Pordoijoch etwas wehmütig der Gondel nach, die auf den 2.950 m hohen Sass Pordoi fährt. In diesen Tagen bringt sie aufgrund der geringen Schneelage nur Fußgänger hinauf, die die herrliche Aussicht von dort oben genießen wollen. Bei genügend Schnee fahren die Freerider mit der Gondel hinauf und wagen die Abfahrt durch das Mittagstal, eine nicht präparierte Route durch eine Schlucht, die sich von Norden her in den Sellastock schneidet. Vom Edelweißtal oberhalb von Colfosco blicken wir direkt in diesen Canyon und sehen, dass es viel Schnee braucht, um die felsige und stellenweise anspruchsvolle Route mit Skiern befahrbar zu machen. 

Sass Becè - Sellaronda - Dolomites
Am Sass Becè – Im Hintergrund über dem Skiläufer die Pordoi Bergstation
Mittagstal – Sellastock – Dolomiten
Blick von Norden auf den Sellastock mit dem Mittagstal

 

Rund um den Sellastock gibt es noch viel mehr zu entdecken. 

Die berühmten Kamelbuckel auf der Weltcupabfahrt Saslong, die sich im Schatten des Langkofels von der Bergstation Campinoi in Richtung St. Christina hinunterzieht. Oder "La Longia", der Name ist Programm: 8 km geht es vom Seceda-Gipfel hinunter nach St. Ulrich. In einem Rutsch ist das kaum zu schaffen, zu verlockend sind die Einkehrmöglichkeiten entlang der Strecke. Nicht zu vergessen die landschaftlich atemberaubende Abfahrt vom Lagazuoi nach Armentarola, Teil der epischen 80 km langen Gebirgsjägerrunde.

 

Es gibt viel zu erleben im Reich des Dolomiti Superski, ein Fest besonders für Naturliebhaber unter den Brettlfreunden.

Im traditionsreichen Val Badia

Das Gadertal (Val Badia) liegt eingebettet zwischen den bleichen Dolomitenriesen der Fanes- und Puez-Geislergruppe. In Badia (Abtei) checken wir im Hotel Gran Ander ein. Oberhalb des Dorfzentrums gelegen, blicken wir vom Hotel über das Gadertal hinweg auf die mächtigen Wände des 2.900 m hohen Heiligkreuzkofel. Ihm zu Füßen liegt das Hausskigebiet La Crusc, bevorzugtes Terrain der Genussfahrer. Dort oben kann man auch einmal ganz ohne Brettl herrliche Winterwanderungen unternehmen:

 

Durch die winterliche Stille von Heilig Kreuz nach Badia

 

Von Badia (Abtei) geht es mit den Gondeln La Crusc 1, dann 2 hinauf zur Wallfahrtskirche Heilig Kreuz (ladinisch: La Crusc). Sie ruht auf über 2.000 m in herrlicher Panoramalage unter der Wand des Heiligkreuzkofels. Gleich nebenan lockt die jahrhundertealte Ütia La Crusc Skifahrer und Wanderer zu Kaiserschmarrn oder ladinischen Spezialitäten. Das Haus wurde 1718 als Mesnerhaus und Pilgerherberge erbaut. Hier beginnt die Winterwanderung auf dem Weg Nr. 13. Durch lichten Lärchenwald schlängelt man sich bergab, später zweigt der Weg 13A ab. Ruhig führt er über verschneite Almwiesen über den Weiler Oies mit herrlichem Blick über das Tal zurück nach Badia.

  • Ohne Pause 2:30 Stunden. Man konnte gut mit Wanderschuhen gehen, je nach Schneelage sind Grödel oder Schneeschuhe erforderlich (Auskunft über den Zustand der Wege an der Talstation in Badia). 
Heilig Kreuz Kirche Kreuzkofel
Wallfahrtskapelle vor dem Heiligkreuzkofel
Wallfahrtskapelle vor dem Heiligkreuzkofel
Wallfahrtskapelle vor dem Heiligkreuzkofel
Schutzhütte Ütia La Crusc, Badia
In der Schutzhütte Ütia La Crusc kann man auch übernachten
Schutzhütte Ütia La Crusc
Blick vom Wanderweg ins Gadertal (Val Badia)
Blick vom Wanderweg ins Gadertal (Val Badia)

 

Das Gourmet Hotel Gran Ander in Badia ist von ladinischen Dörfern umgeben und auch bei Skifahrern sehr beliebt, da es an die Pisten der Sella Ronda angebunden ist. Das 3-Sterne Haus vereint traditionelle Südtiroler Gastfreundschaft mit modernem Komfort. Von seiner Hanglage aus lässt sich das Kreuzkofel-Panorama bewundern.

Andrea Irsara führt den Familienbetrieb in dritter Generation und setzt als Küchenchef auf hochwertige regionale Zutaten von heimischen Produzenten. Das mehrgängige Abendmenü im Rahmen der Halbpension basiert auf ladinischer Tradition mit innovativen Akzenten. Erwähnenswert ist die Weinkarte und die Entdeckungsfreude von Andrea Irsara, der auf eine enge Zusammenarbeit mit regionalen Winzern ebenso setzt wie auf von ihm besuchte Anbaugebiete außerhalb Italiens.

  • Das Wellnessangebot deckt alle Bereiche ab. Der kostenlose Skibus hält vor der Tür und bringt die Skifahrer direkt zu den Santa Croce Liften.
  • Seit 2013 betreibt Andrea Irsara in der alten Stube Stüa dla Lâ auch ein Gourmetrestaurant (auf Vorbestellung).  
Gourmet-Restaurant Stüa dla Lâ in einer ladinischen Stube
Gourmet-Restaurant Stüa dla Lâ in der ladinischen Stube des Hotels

Andreas' Frau Evelyn empfiehlt uns einen schönen halbstündigen Spaziergang vom Hotel zur Kapelle von Paracia, den alten Höfen und weiter zum kleinen Sompunt-See, wo man Eislaufen kann. Besonders schön ist es zur "Enrosadira", ladinisch für Dolomitenglühen, wenn sich der Kreuzkofel gegenüber gold und rosa färbt.

Badia Kreuzkofel Blick
Ausblick beim Spaziergang in Badia
Alter Hof in Badia
Alter Hof in Badia

 

Wenn der Bericht gefallen hat, freue ich mich über einen Eintrag im Gästebuch

 

Fotos und Text von Jürgen Mahler

WEITERE WINTER ORTE & TOUREN

 Winterurlaub & Skitouren, Reiseblog Edeltrips
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